Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Eigentlich sollte es ein Trauergespräch werden, aber dann haben wir viel miteinander gelacht. Wir saßen um einen großen Tisch, alle vier Kinder mit ihren Ehepartnern. Vor zwei Tagen war ihre Mutter gestorben. Mit knapp 90 Jahren war sie im Krankenhaus friedlich eingeschlafen. Jetzt hatten wir uns getroffen, um alles für die Beerdigung zu regeln.

Irgendwann haben wir angefangen zu lachen – ich bin fast ein wenig erschrocken, denn das scheint ja so gar nicht zu einem Trauergespräch zu passen. Aber mehr und mehr kamen Erinnerungen an ihre Mutter zu tage, die zeigten, was für eine warmherzige Frau sie war, wie liebevoll sie ihre Räuberbande - wie sich die Brüder selbst bezeichneten – in die Schranken gewiesen hatte.

Darf man bei solchen Erinnerungen nicht lachen? Muss einem angesichts des Todes das Lachen vergehen? An diesem Nachmittag tat uns allen das Lachen sehr gut. Gerade wenn man von einem geliebten Menschen Abschied nehmen muss. Vielleicht waren die letzten Monate schwer, ein Aufenthalt im Krankenhaus oder eine schwere Pflege. Das überschattet dann den Blick auf das Leben dieses Menschen, das viel mehr war, als diese letzte Zeit.

An diesem Nachmittag haben wir gelacht, weil wir all das Gute entdecken durften, dass diese alte Frau ihrer Familie geschenkt hatte. Das hat uns mehr und mehr dankbar und glücklich gemacht.

Sicherlich ist nicht jeder Todesfall gleich. Wenn eine Mutter mit knapp 90 stirbt, dann ist das leichter zu ertragen. Aber auch wenn der Tod einen jungen Menschen mitten aus Familie und Leben reißt: Als Christ bin ich davon überzeugt, dass unser Leben hier nur ein kleiner Ausschnitt aus einem viel Größerem ist. Für eine gewisse, begrenzte Zeit hat uns dieser Mensch begleitet. Und wenn er jetzt von uns geht, dann ist der Abschiedsschmerz riesengroß.

Gerade dann, glaube ich, sollten wir uns erinnern. Von den Verstorbenen erzählen! Unsere Erinnerungen sind der größte Schatz, den wir von diesem Menschen haben. Deshalb ist es das Wichtigste, was man für Trauernde tun kann: Ihnen zuhören. Sie ermutigen, sich zu erinnern.

Dann wird sich mit der Zeit die Trauer in Dankbarkeit verwandeln. Mit der Zeit erkennen wir, was uns dieser Mensch alles gegeben hat. Auf Weg der Trauer tut es gut, wenn wir Menschen haben, die uns zuhören und ermutigen, uns zu erinnern.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18132
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