Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Müssen wir schöner, reicher, berühmter werden? Die Schönen und Reichen werden uns in den Medien vorgeführt. Viele orientieren sich daran, sind aber unglücklich, wenn sie nicht dazugehören. Wie kommt es, dass ausgerechnet in reichen Gesellschaften viele Menschen unglücklich sind?
Je mehr ich mich mit dem Thema befasst habe, desto mehr bekomme ich den Eindruck, das Problem ist hausgemacht. Unglückliche Menschen sind meistens auch Miesepeter, Nörgler, Besserwisser. Sie beschweren sich ständig. Ich finde die deutsche Sprache hier einmal mehr phantastisch: Menschen die sich über dies und jenes beschweren, beschweren sich, das heißt, sie machen sich schwer. Menschen, die sich beschweren machen es sich schwer.
Dabei könnte es so einfach sein. Ich kann die Menschen und die Dinge um mich herum auch annehmen, wie sie sind. Nobody is perfect. Nichts ist makellos. Okay, es gibt Situationen und Zustände, die sind unzumutbar. Unerträgliche Zustände muss man benennen, anprangern und versuchen sie zu ändern. Sich beschweren, andere schlecht machen, mit allem und jedem unzufrieden sein? Das ist destruktiv und zerstört. Zerstört Beziehungen und Freundschaften. Wie wäre es mit konstruktiver Kritik? Das heißt: Vorschläge machen, Ideen sammeln, Lösungen anstreben, sich verschiedene Szenarien vorstellen, rumspinnen, was gehen könnte, Möglichkeiten ausloten, der Imagination freien Lauf lassen, "was wäre wenn" ... fragen, sich vorstellen, wie es sein könnte, im positiven Sinn.
Und dann gemeinsam aufbrechen, mit einem klaren Ziel vor Augen wie bei einer Wanderung: die Aufbruchsstimmung beflügelt, das gemeinsame Unterwegssein motiviert. Manchmal gibt es überraschende Erlebnisse und wechselnde Eindrücke. Schließlich am Ziel ankommen, das verbindet. In Workshops und Teamsitzungen erlebe ich das immer wieder, dass Menschen zunächst über vieles jammern, und sich erst einmal "auskotzen" müssen. Genau so fühlt sich das an. Es muss raus, das Schlechte, das Unverdaute. Erst dann ist man fähig umzuschalten. Plötzlich ist man fähig anders zu denken und zu fühlen. Findet nämlich ihre Klage Gehör, werden Menschen dankbarer und zufriedener mit dem was ist. Anschließend erst engagieren sie sich. Sie krempeln förmlich die Ärmel hoch. Sie packen Dinge an. Was können wir heute tun, was morgen, was übermorgen? Sie fragen sich: was steht in unserer Macht? Und: Sie beginnen dabei wieder Lebensfreude zu empfinden.

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