Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Ich bin kein großer Fußballfan. Ich fühle am Ende immer mit denen, die verloren haben. Das war am letzten Dienstag so, als ganz Brasilien geweint hat und die Menschen aussahen wie Verlorene. Und heute nach dem Finale ist es – ehrlich gesagt - auch so.
Wer verloren hat, für den scheint alles verloren: Alle Hoffnungen perdu. Man wird Schuldige benennen, Loser. Die können nicht gewinnen, wird man sagen. So nicht. Können die überhaupt etwas? Man wird Rücktritte verlangen. Die haben ihre Chance gehabt, wird man sagen. Jetzt sind andere dran. Bloß gut, wenn man zu den Gewinnern gehört.
Es kann aber immer bloß einer gewinnen. Deshalb bin ich froh, dass das Gegenteil von verlieren nicht immer bloß gewinnen ist. Sondern auch „finden“. Davon hat Jesus in seinen Geschichten erzählt. Von einer Frau, die eine Münze verloren hat. Sie gibt sie aber nicht verloren, sondern sucht. Und freut sich, als sie sie wieder findet. Von einem Mann, einem Hirten, dem ein Schaf verloren geht. Eines von hundert. Aber er gibt es nicht verloren. Er sucht es. Überlässt es nicht der Meute, die auf das Verlorene lauert und auf die Verlierer. Es gibt so viele, die warten nur darauf, dass sie die Verlierer zu Opfern machen können – nicht nur beim Fußball.
Jesus erzählt: Es geht auch anders. Gott sucht und findet, die verloren haben. Und wir Menschen könnten das auch. Damit die Verlierer merken – wir sind nicht verloren.
Nicht die Trainer und die Fußballer fallen lassen, die nur zweite geworden sind. Nicht den Jungen, der es schon wieder nicht geschafft hat und die Klasse wiederholen muss. Nicht die Frau, der keiner den Karrieresprung zutraut, weil sie kleine Kinder hat. Nicht die jungen Leute, denen keiner einen Auftrag gibt, weil sie ja noch zu wenig Erfahrung haben. Irgendwann halten die sich selbst für Versager. Für Verlierer. Für Loser.
Man kann das auch anders machen. Den Fußballern die Treue halten, auch wenn sie verloren haben. Sie werden aus ihren Erfahrungen lernen. Dem Jungen Mut machen, damit er nicht meint: Ich schaffe das sowieso nicht. Ihm zeigen, was er gut kann. Damit er sich was zutraut und sich nicht aufgibt. Den jungen Leuten eine Chance geben, damit sie Erfahrungen sammeln können.
Ich fänd das schön, wenn wir nicht immer nur „verlieren und gewinnen“ denken. Sondern immer öfter auch: Was verloren ist, kann man suchen. Und finden. So wie Jesus. Der hat von sich gesagt: „Ich bin gekommen um die Verlorenen zu suchen und zu retten.“ (Lk 19,10)

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