Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Große Kulleraugen schauen mich aus einem hübschen Gesicht an. Es ist gerade Werbepause. Eine ernste Stimme sagt: „Fast sieben Millionen Kinder sterben jedes Jahr an Hunger oder Krankheiten. Schauen Sie nicht tatenlos zu. Werden Sie Pate und helfen Sie mit, dass Kinder eine Zukunft haben.“
„Können wir nicht auch so ein Patenkind nehmen?“, fangen meine Kinder an zu betteln. Seltsam wie die Not in Kinderaugen anrührt. Auch auf mich bleibt die Werbung nicht ohne Wirkung. Schließlich spenden wir gerne. Warum also nicht ein oder zwei Patenschaften für Kinder übernehmen?
Also habe ich begonnen, mich zu informieren, welche Organisationen Kinderpatenschaften vermitteln und wie ihre Hilfe aussieht. Zuerst war ich ganz begeistert. Mit nur 30 Euro im Monat kann ich einem Kind wirksam helfen, habe ich erfahren. Und dafür erhalte ich sogar regelmäßig Informationen über die Entwicklung des Kindes und kann sogar Briefkontakt haben. Das würde meinen Kindern bestimmt gefallen!
Aber dann habe ich auch kritische Stimmen gefunden – von Journalisten und anderen Hilfswerken, die bewusst auf Einzelpatenschaften verzichten. Warum nur? Schließlich sorgen solche Projekte doch dafür, dass Kinder gefördert werden. Ja, sagen die Kritiker, aber einige Patenprojekte lassen dabei ganz das Umfeld des Kindes außen vor: die Arbeitslosigkeit des Vaters, das Dorf, in dem dringend ein Brunnen gebaut werden müsste. Und dann läuft die Patenschaften für das Kind mit 12 oder 16 Jahren aus und das Kind muss weiterhin zurechtkommen in einem Umfeld, das immer noch geprägt ist von Armut und Hoffnungslosigkeit. Deshalb, sagen die Experten, sind nur solche Patenprojekte wirklich hilfreich, die einem Kind mehr bieten als Essen, Kleidung und Schulbildung. Gut sind solche Projekte, die gleichzeitig dafür sorgen, dass es der Familie des Kindes gut geht, dass seine Eltern Arbeitsmöglichkeiten erhalten, dass die Infrastruktur im Dorf verbessert wird. Und auch wenn das weniger werbewirksam ist, wichtig ist auch, dass sich die Hilfsorganisationen vor Ort dafür einsetzen, dass auch die politischen Verhältnisse in diesen Ländern stabil sind.
Ich habe daraus gelernt: Ich kann tatsächlich mit meiner Spende helfen, dass arme Kinder eine gute Perspektive für ihre Zukunft bekommen. Und das tatsächlich mit nur 1 Euro am Tag! Ich sollte aber genau hinschauen, wohin ich mein Geld gebe und mich dabei nicht allein von Werbefilmen oder Hochglanzbroschüren leiten lassen. Dann hilft meine Spende tatsächlich, einem Kind eine gute Zukunft zu geben – auch über seinen 16. Geburtstag hinaus.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17820
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