Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Damit muss ich jetzt leben“, auf diesen Satz stoße ich zur Zeit immer wieder, bei anderen und auch bei mir selbst. Nicht nur bei kleineren Maläsen, die früher seltener waren und auch immer wieder weggingen. Manche kommen heute öfter und manche bleiben und man muss mit ihnen leben. Nichts Dramatisches, aber altersgemäß, schmerzhaft oder nervig an Leib und Seele. Damit leben heißt zu wissen, das geht nicht mehr weg, ich habe sozusagen einen unerwünschten Begleiter. Ich kann ihn beschimpfen, ignorieren, ihn unfreundlich behandeln oder ihn freundlich behandeln lassen. Und irgendwann muss ich ihn akzeptieren, ihn beachten, aber nicht zu groß werden lassen, damit er mein Leben nicht zu sehr bestimmt. Denn es besteht doch aus weit mehr als meinen schmerzhaften oder nervigen Begleitern. Manche Menschen haben Schicksale, die sind so schwer, dass ich im Verhältnis dazu über meine Maläsen kein Wort zu verlieren brauche. Menschen, die chronisch krank sind oder sterbenskrank. Menschen, die unter schwersten Depressionen leiden. Menschen denen ein Kind gestorben ist. Oder deren Angehöriger sich das Leben genommen hat. Wie nur können sie damit leben? Manche können es nicht. Sie trauern, hadern ohne Ende, versteinern äußerlich oder innerlich. Manche durchleiden den ganzen schmerzhaften Prozess von nicht Wahrhaben wollen bis zum Akzeptieren ihres Schicksals. Ein Prozess der der Trauer sehr ähnlich ist. Wenn ein Mensch das Glück, die Gabe oder die Kraft hat, einen schweren Schicksalsschlag anzunehmen, dann tritt einer der  bewundernswertesten Züge des Menschen zu Tage: sein Lebenswille. Seine Fähigkeit, selbst die schlimmsten Dinge aushalten zu können. Mit nach schlimmsten Erfahrungen und größten Behinderungen zu leben. Ja sie nicht nur zu überwinden, sondern sich mit ihnen als Mensch weiterzuentwickeln, sich neu oder anders zu erfinden. Durch Kräfte, die gerade auch durch das, was schmerzt, behindert oder blockiert freigesetzt werden. Dabei denke ich an Menschen wie Samuel Koch, die ich mehr als bewundere und in denen ich genau diese Kräfte am Werk sehe. Der junge Mann, der seit seinem Unfall in „Wetten das?“ vom Hals an abwärts gelähmt ist. Nach Jahren schwerster körperlicher und seelischer Schmerzen lebt er jetzt mit seinem gelähmten Körper:             als Schauspieler.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17793
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