Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Für Eltern bricht oft eine Welt zusammen, wenn die Tochter oder der Sohn sich scheiden lassen.
Manchmal haben sie es ja schon länger geahnt, dass etwas nicht stimmt in der Beziehung ihrer Kinder. Vielleicht haben sie längst gemerkt: so geht das nicht weiter.
Es kann aber auch sein, dass sie völlig überrascht sind. Eine Freundin hat mir erzählt, wie sie aus allen Wolken gefallen ist, als der Sohn ihr mitgeteilt hat, dass er sich von seiner Frau trennen will.
Und jetzt hat sie das Gefühl, zwischen zwei Stühlen zu sitzen. Auf der einen Seite die Liebe und Nähe zum eigenen Kind und auf der anderen Seite die Loyalität zur Schwiegertochter. Die hat sie auch lieb gewonnen über die Jahre. Wird sie sie jetzt verlieren? Zu wem soll sie halten?  Und die neue Partnerin des Sohnes? Im Moment ist sie überhaupt nicht offen dafür, sie kennen zu lernen.
Sie sorgt sich um die Enkelkinder. Sie sorgt sich um die finanziellen Belastungen nach der Scheidung. Aber es hilft ja niemandem, wenn sie schimpft. Es hilft auch nicht, wenn sie nach dem oder der Schuldigen sucht.
Was sie jetzt braucht, das sind Gesprächspartner außerhalb der Familie. Sie braucht jetzt Menschen, die selbst nicht betroffen sind. Und die ihr gestatten, traurig zu sein und Abschied zu nehmen von einem Teil ihrer Familie.
Aber ganz ohnmächtig muss sie sich auch nicht fühlen. Sie kann aus ihrer Großmutterposition durchaus etwas dazu beitragen, dass die Familie langsam wieder in die Balance kommt. Sie hat den Jungen nämlich eines voraus. Es ist nicht das erste Mal, dass sie in ihrem Leben erlebt hat, dass etwas aus den Fugen geraten ist. Sie hat das schon erlebt, dass auch nach dem Scheitern das Leben weitergegangen ist. Und vielleicht sogar nicht einmal schlechter.
Was nicht hilfreich ist, das sind die Befürchtungen, dass jetzt alles ganz schrecklich wird. Hilfreich ist die innere Haltung: Es kann wieder gut werden. Jetzt ist unsere Familie in der Krise. Aber es wird auch wieder eine bessere Zeit kommen. Für die, die bleiben und für die die gehen. Und ich bin für Euch da in dieser schwierigen Zeit. Selbst dann, wenn ich nicht für gut heiße, was ihr da tut.
Im Grunde geht es um den elterlichen Segen. Nicht für die Fehler, die Menschen machen und in denen sie aneinander schuldig  werden, sondern für die Vergebung und für den Neuanfang. Und für die Hoffnung, dass es auch nach einem Scheitern einer Beziehung wieder ein gutes Leben geben kann. Das weiter zu geben ist ein kleines Stück Lebenserfahrung und ein großes Stück Gottvertrauen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17721
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