Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Neulich bin ich in ein Fettnäpfchen getreten. Wahrscheinlich war ich wieder mal zu vorlaut. Ich hab einer Schülerin ein Kompliment gemacht wegen ihres Freundes, den ich sympathisch finde. Und sie gibt mir zur Antwort: „Ich habe keinen Freund.“ Den nicht mehr, mit dem sie bis vor kurzem zusammen war, hat sie natürlich gemeint.Au backe. Hätte ich bloß den Mund gehalten. Unlängst hatte ich die beiden doch noch zusammen gesehen, sehr vertraut. Ein schönes Paar, hab ich mir gedacht. Die passen gut zusammen. Und jetzt das. So schnell kann’s gehen. Weitere Versuche, die peinliche Situation noch zu retten, habe ich gar nicht erst unternommen. Ich habe freundlich und etwas bemüht gelächelt. Die Schülerin nicht.

Nun kann ich mir denken: Okay. Das kann ja alles vorkommen. Ich kann arglos und in guter Absicht etwas Freundliches sagen, das nicht freundlich ankommt, weil die Lage nicht mehr so ist, wie von mir angenommen. Und dass zwei junge Leute, die zusammen waren, sich wieder trennen, ist auch an der Tagesordnung. An beidem ist nichts wirklich Schlimmes. Trotzdem hat mich diese Situation ins Grübeln gebracht. Warum ist das so, dass alles schön und gut und passend aussieht, gerade in der Liebe, und es dann auf einmal nicht mehr stimmt?Ich hatte bei den beiden den Eindruck, dass es ihnen ernst ist. Nicht nur ein oberflächliches Techtelmechtel, nicht bloß ein bisschen verliebt. Es sah richtig aus.

Und genau das ist offenbar nicht der Fall gewesen. Der eine war für die andere nicht der Richtige. Oder umgekehrt. Das ist die logische Folgerung, die ich aus der Tatsache ziehe, dass sie sich getrennt haben. Ganz nüchtern, ohne große Gefühle. Und genau so will ich das grundsätzlich anschauen: Menschen wollen in der Liebe den Richtigen finden. Das klappt oft nicht auf Anhieb. Wenn sie dann auseinander gehen, ist das besser so. Und nichts daran ist falsch oder peinlich. Sondern es ist schlicht normal und gehört zu den wichtigen Erfahrungen, die wir Menschen machen.

Ich will damit natürlich nicht sagen, dass es einfach ist oder angenehm, wenn zwei sich trennen,  die verliebt waren. Vielleicht sind sie sogar kurz davor gewesen, füreinander die Richtigen zu sein, die beiden Schüler. Wer weiß. Manchmal fehlt nur eine Kleinigkeit. Oder einer will mehr als der andere. Da gelten in der Liebe auch keine anderen Spielregeln als sonst.

Meine Schülerin ist eine tolle junge Frau. Ich hoffe, sie verzeiht mir, dass ich sie angesprochen habe, ohne vorher viel dabei zu denken. Die Liebe zwischen zwei Menschen ist etwas ganz Großes und Schönes, aber sie ist auch gefährdet und zerbrechlich. Und deshalb verträgt sie es ganz schlecht, dass man öffentlich über sie redet.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17699
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