Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Falls Sie noch nicht wissen, was Sie heute tun sollen ... Ich hätte da einen Tipp für Sie. Eigens ausgesucht für den Pfingstmontag. Er lautet: Leben Sie in diesen Tag hinein. Ohne Plan und Ziel. Lassen Sie sich treiben. Ich glaube, dass passt gut zu Pfingsten.

Der Pfingstmontag ist ja so ein schöner Feiertag, weil er überflüssig ist. Ich bin versucht zu sagen: Es gibt gar keinen Grund, dass heute für alle arbeitsfrei ist. Sogar die eingefleischteren Christen gehen nur mit Mühe in den Gottesdienst. Ursprünglich war’s aber so gedacht: Weil Pfingsten ein großes Kirchenfest ist, soll keiner gehindert sein, an zwei Tagen am Gottesdienst teilzunehmen. Das tun aber nur noch wenige.

Aber auch wenn in unseren Tagen am Pfingstmontag nur noch kleine Grüppchen in die Kirche gehen: Frei haben heute trotzdem fast alle. Und ich finde, das ist gut so. Weil für mich auch das etwas mit Gott zu tun hat. Wenn ich mir Gott vorstelle, dann hat das etwas mit Weite zu tun, mit Großzügigkeit. Ich stelle ihn mir eben nicht als Kleinkrämer vor, der genau rechnet und einteilt, sondern als einen, der mit vollen Händen verschenkt: Freude und Liebe und eben auch Zeit. Bei Gott können wir ohne Grund frei haben. Ohne, dass ich oder irgendjemand etwas dafür tun müsste. Es braucht auch keinen äußeren Anlass. Also ein Ereignis oder einen Jahrtag. Nein, am Pfingstmontag, da haben wir einfach so frei. Ich stelle mir vor, dass es Gott Freude macht zu sehen, wie entspannt und gelassen wir mit dem umgehen, was er erschaffen hat.

Und was tun wir dann heute, wenn wir nichts tun? Nichts zu tun, das geht doch gar nicht, werden manche sagen. Wir machen doch immer etwas. Im Italienischen gibt es das geflügelte Wort vom dolce far niente, vom süßen Nichtstun. Ich übersetze das für Sie folgendermaßen: Leben Sie einfach in den Tag hinein. Planen Sie nichts. Machen Sie, was sie wollen und was sich gerade so ergibt. Wichtig ist nur, dass sie das jetzt am Beginn des Tages auch so mit sich vereinbaren. Bloß kein Ziel festlegen, das sie am Abend dann doch erreicht haben wollen: einen Anruf, den Sie schon lange vor sich her schieben ... die Steuererklärung ... den Schreibtisch aufräumen. Wenn Sie sich etwas vornehmen und gleichzeitig nichts tun wollen, dann sind Sie nachher unzufrieden. Nein, sie lassen sich treiben. Eins ergibt das andere. Wenn es klappt, dann spüren Sie etwas davon, wie frei wir ursprünglich sind. Und dieses Gefühl kann sehr, sehr schön sein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17696
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