Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Wann waren Sie das letzte Mal in der Kirche?“ Das fragt ein Pfarrer aus Afrika einen Journalisten. Ich habe das neulich in einer Kurzgeschichte gelesen. Der Journalist gesteht dem Pfarrer, dass er kein regelmäßiger Kirchgänger ist und rechnet damit, dass er jetzt ermahnt wird. Aber stattdessen sagt der Pfarrer ihm, er soll den Fehler nicht bei sich suchen. „Ich sagen ihnen“, meint der Geistliche, „es ist der Fehler Ihrer Kirche. Sie muss die […] Botschaft mit Freude verkünden, dann gehen Sie auch mit Freude in die Kirche“ (Frank Goosen, Raketenmänner, S. 148).
Ich finde, der afrikanische Pfarrer hat Recht. In die Kirche soll man nicht gehen, weil man ein schlechtes Gewissen hat. Oder weil man denkt, dass irgendjemand das von einem erwartet. Nein, in die Kirche soll man gehen, weil man gern hingeht. Eben weil man Freude daran hat. Schließlich ist die Botschaft der Kirche das Evangelium. Und Evangelium heißt übersetzt gute oder erfreuliche Nachricht.
Der Pfarrer aus Afrika lädt den Journalisten dann zu sich in seine Kirche ein. Leider erzählt die Geschichte nicht, ob der Journalist die Einladung annimmt. Aber als Leser erfahre ich, dass der Reporter beeindruckt ist von dieser Begegnung mit dem Pfarrer.
Der Journalist aus der Geschichte war übrigens deshalb lange nicht mehr im Gottesdienst, weil er schlechter Erfahrungen gemacht hat mit dem Pfarrer, der ihn vor rund 40 Jahren konfirmiert hat. Ich denke, vielen Menschen geht es ähnlich. Sie haben irgendwann schlechte Erfahrungen mit der Kirche gemacht. Und ich verstehe, dass man dann auch erst mal genug davon hat.
Aber ich denke, man kann auch andere Erfahrungen in der Kirche machen. Als der afrikanische Pfarrer den Journalisten in seine Gemeinde einlädt, da beschriebt er die Gottesdienste dort so: „Treffen, Singen, Kuchen Freude haben“. Auch wenn sich das ein Bisschen anhört wie „Friede, Freude, Eierkuchen“ – ich denke, der Pfarrer beschriebt damit eine positive Seite von Kirche, die es nicht nur in Afrika, sondern auch in Deutschland gibt.
Eine Frau hat mir neulich erzählt, dass sie vor allem wegen des Singens und wegen der Lieder in den Gottesdienst geht. Manche mögen es, nach dem Gottesdienst noch bei Kaffee und Kuchen zusammenzustehen. Für andere sind die Gebete wichtig, weil sie zu Hause in im Alltag oft nicht zum Beten kommen. Und ich selbst freue mich über Predigten, die mich ermutigen und in denen ich höre, dass Gott es gut mit mir meint.
Wann waren Sie das letzte Mal in der Kirche? Gehen Sie doch mal wieder hin. Nicht weil sie müssen, sondern wegen der guten Botschaft und wegen „Treffen, Singen, Kuchen und Freude haben“.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17667
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