Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Heute finden die letzten mündlichen Abitursprüfungen statt. Bei uns am Gymnasium haben sich fast 20 Mädchen und Jungs für das Fach Religion entschieden.
Kann man Religion überhaupt prüfen?, fragen jetzt vielleicht manche. Geht es da nicht um eine persönliche Einstellung? Um den Glauben? Den hat der eine und der andere nicht – das kann man doch nicht bewerten.
Stimmt, den Glauben eines Menschen kann man nicht bewerten. Aber darum geht es auch gar nicht in der Reli-Prüfung. Es geht darum, dass sich die Schüler mit einem Thema auseinandersetzen können. Dass sie sich mit unterschiedlichen Meinungen beschäftigen und sie verstehen. Vor allem aber geht es darum, dass sie selbst Stellung nehmen und eine eigene begründete Meinung finden und darstellen.
Ihre Themen haben die Schülerinnen und Schüler selbst formuliert. Da hat eine Schülerin etwa das Thema gewählt „Aktive Sterbehilfe in der Schweiz, darf man mit dem Tod Geschäfte machen?“, oder „Der perfekte Mensch – verleitet uns die Werbung zu einem falschen Menschenbild?“, oder „Kann ein Christ Berufssoldat werden, ohne seinen Glauben zu verleugnen?“ Ich finde, das sind sehr spannende Themen, auf die es keine einfachen Antworten gibt. Sich zu diesen Fragen eine eigene, gut begründete Meinung zu erarbeiten, das ist eine Leistung. Und wie gut oder weniger gut das den einzelnen Schülerinnen und Schülern gelingt, das kann man auch bewerten.
Im Fach Religion fragen die Schülerinnen dun Schüler natürlich auch: Was hat der christliche Glaube zu all diesen Fragen zu sagen? Was meint die Kirche? Was sagt die Bibel zu diesen Themen? Ich denke, darin unterscheidet sich der Religionsunterricht von anderen Fächern: Er bringt Gott ins Spiel. Dass Gott auch in der Schule und sogar in einer Prüfung vorkommt, finde ich wichtig.
Die Bibel gibt zu vielen aktuellen Fragen Denkanstöße. Und oft liegt das, was sie sagt, quer zur herkömmlichen Meinung. Da erzählt Jesus zum Beispiel ein Gleichnis, in dem ein Weinbergbesitzer allen seinen Arbeitern den gleichen Lohn auszahlt, egal wie lange sie gearbeitet haben. Er will damit sagen: Gerecht geht es dann zu, wenn jeder das bekommt, was er zum Leben braucht und nicht nur die, die besonders viel geleistet haben. Ich finde, das ist in unserer leistungsorientieren Gesellschaft ein wichtiger Einwand. Und es ist gut, die eigene Meinung so durch Gott in Frage stellen zu lassen und zu überdenken.
Deshalb gibt es den Religionsunterricht und Prüfungen im Fach Religion. Dazu wünsche ich allen Schülern und Schülerinnen, die heute noch mal ran müssen, viel Erfolg.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17665
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