Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wenn ich mit Paaren zusammen überlege, wie sie ihr eigenes, individuelles Trauversprechen geben wollen, dann komme ich oft ausgerechnet bei den ganz alten Trauversprechen und ihren Formulierungen an.
Eine der schönsten Formulierungen, die ich in einem ganz alten christlichen Trauversprechen gefunden habe, lautet:
„Willst du deinen Partner aus Gottes Hand als Ehemann beziehungsweise Ehefrau haben und halten?“
Willst du den anderen aus Gottes Hand als Geschenk haben? Der Partner ist ein Geschenk. Er ist ein Glücksfall, bei dem Gott seine Hand im Spiel haben muss.
Aus seiner Hand hat man ein Geschenk bekommen, einen Menschen, den man liebt, mit dem man zusammen sein möchte, den man genießen möchte, dem man sich selbst hingeben möchte.
Das ist ein Geschenk! Das ist nicht selbstverständlich.
Das ist ein Geschenk!
Manche tun sich ja bis heute noch damit schwer, sich vorzustellen, dass Gott mit etwas anderem als mit der vergeistigten Liebe etwas zu tun haben will. Doch Gott freut sich daran, wenn wir Menschen uns aneinander freuen.
Willst du das Geschenk wirklich haben? So lautet dann die Frage.
Und die Antwort ist in der Regel ganz erwartungsgemäß: Ja, ich will!
Noch viel interessanter finde ich den zweiten Teil der Formulierung: „Willst du deinen Partner aus Gottes Hand als Ehemann beziehungsweise Ehefrau habenund halten?“
Die Heiratswilligen werden nicht nur gefragt, ob sie den anderen jeweils haben wollen. Sie werden auch gefragt, ob sie ihn halten wollen!
Es ist ja nur das eine, sich zu haben.
Es ist etwas ganz anderes, sich gegenseitig zu halten.
Das bedeutet, interessant zu bleiben für den anderen, attraktiv, überraschend und vertraut zugleich – so wie das oft am Anfang einer Beziehung ist.
Es ist Liebe, wenn beide versuchen, für den anderen attraktiv zu bleiben (nicht nur die Frau).
Und es ist Liebe, wenn ein Paar nicht nur gemeinsame Freunde hat.
Wenn jeder auch seinen eigenen Freundeskreis hat, gibt es etwas zu erzählen, was der andere nicht schon weiß. So etwas hält einen interessant.
Es ist Liebe, wenn man gegenseitig aufmerksam bleibt für die Vorlieben des anderen. Um den anderen zu halten, muss man etwas tun.
Das Geschenk haben zu wollen, das Gott einem gibt, ist das eine.
Es zu halten, also dafür zu sorgen, dass es auch bleibt, ist noch einmal etwas anderes.
Das steckt in dem alten christlichen Treueversprechen! Für mich ist das auch nach fast 25 Jahren Ehe eine echte Herausforderung!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17622
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