Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Können Sie sich manchmal auch selber nicht leiden und fühlen sich so was von ausgelaugt und müde? Wenn ich dann noch in den Spiegel schaue, wird mir vollends elend.

Dabei steht im Schöpfungslied der Bibel: „ Dann sprach Gott: Lasst uns den Menschen machen, als unser Abbild – uns ähnlich.“ Der Mensch – als Gottes Abbild – ähnlich wie er? Ich in meinem Elend ähnlich wie er?

Eine Vorstellung, die mich immer wieder beschäftigt  und  Fragen aufwirft:

Bin ich als Mensch mit meinen Höhen und Tiefen so eine Art „Bild“ von Gott?  Spiegle ich etwas von ihm wieder? Habe ich das Potential, ihm ähnlich zu werden und etwas von ihm sichtbar zu machen?

Vermutlich schon. So haben es die Verfasser der Bibel wohl gemeint. So richtig verstehen werde ich das wohl nie. Zu unbegreiflich bleibt es, gerade in Zeiten, in denen ich es schwer mit mir habe.

Vielleicht macht es dann Sinn, mich zu fragen: Welches Bild habe ich von mir?  Wer kommt mir entgegen, wenn ich in den Spiegel schaue? Nicht nur flüchtig, sondern wennich mir Zeit nehme und genauhinsehe. Was erzählen meine Augen von dem, was ich gesehen, worüber ich mich gefreut oder was ich beweint habe? Was die Falten von Sorgen und Lachen, was die Mundpartie über Zufriedenheit und Enttäuschung?

 Was ist hinter dem, was nicht sichtbar ist, wenn ich mich äußerlich betrachte? Was macht mich aus, was mein Leben? Und was trägt mich grad in solchen Zeiten?

Ich glaube, es ist das Vertrauen, dass da Einer ist, der freundlich auf mich schaut, der womöglich selbst Höhen und Tiefen kennt, der mir Mut macht, immer wieder neu anzufangen und ein wenig barmherzig mit mir selber zu sein.

So wenig, wie er sich festlegen lässt auf ein Bild, das wir uns von ihm machen, so wenig bin ich festgelegt auf ein Bild, das ich mir von mir selber mache.

Ich darf mich weiterentwickeln.

Ermutigende Worte dazu habe ich beim Theologen Bernhard Lang gefunden.

Er schreibt: 

Ich male in den Staub des Werktags
ein neues Bild von mir.
Es trägt die Spuren von gestern.
Es trägt auch die Spuren des Frühlings
und die Spuren von besserer Zeit.
Werde ich das Bild behalten?
Werde ich die Spuren des Frühlings fühlen?
Die Spuren der Liebe?
Ich male in den Staub des Werktags
ein neues Bild von mir.
Hauche es an, Gott, damit es lebt!

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17608
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