Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Haben Sie heute Morgen schon jemandem gedient? Oder wurde Ihnen bereits gedient? Vielleicht in der Weise, dass Ihnen jemand den Frühstückstisch gedeckt oder einen Kaffee gekocht hat? Oder sind Sie darüber erschrocken, dass ich solch ein Tun nun mit dem Wort Dienst etikettiert habe? Dienst charakterisiert ja eine Lebenshaltung, die es heute kaum noch gibt.

Nur der kirchliche Sprachgebrauch verwendet ganz unbefangen das Wort Dienst – und zwar jedes Mal wenn vom Gottes-Dienst die Rede ist. Ich liebe Gottes-Dienste, nicht nur weil ich sie selbst feiere und gestalte. Sondern weil mir dabei etwas Wichtiges mitgeteilt wird. Denn im Gottesdienst geht es nicht in erster Linie darum, dass ich „Gott diene“, indem ich bete und Lieder singe.

Im Gegenteil: Gerade in dieser Stunde am Sonntagmorgen bin nicht ich mit meiner Dienst-Leistung für Gott gefragt. Sondern: In dieser Zeit erwarte ich, dass Gott mir dient. In dieser Zeit lege ich meine Sorgen und Lasten ab und vertraue sie Gott an. In dieser einen Stunde am Sonntagmorgen spricht mir jemand die „gute Nachricht“ zu und sagt mir, dass Gott mich liebt. In dieser Zeit kann ich sogar am Abendmahl teilnehmen, Brot und Wein zu mir nehmen und so tief in mir selbst spüren, wie Gott mir nahekommt. Im Gottesdienst „dient Gott mir“ und teilt sich mir mit.

Erst danach beginnt mein „Gottes-Dienst“ – und zwar dadurch, dass ich mir überlege, wem ich auf welche Weise im Alltag „dienen“ möchte. Ich kann mit meinen Begabungen und Fähigkeiten, anderen Menschen helfen – sei es im Beruf oder in meiner Freizeit. Die einen arbeiten in Krankenhäusern und Altenheimen: sie pflegen Menschen oder möchten ihnen wieder auf die Beine helfen. Wieder andere sind technisch begabt und halten die Kommunikation und vieles andere am Laufen. Und in der Freizeit helfen Erwachsene Kindern und Jugendlichen beim Erlernen einer Sportart oder eines Instruments. Andere machen Besorgungen für Kranke und Alte. Wieder andere singen im Chor… Wer seine Begabung als „Dienst für andere einsetzt“, wird spüren: Es macht demjenigen der „dient“ ebenso viel Freude wie demjenigen, dem „gedient“ wird. Diese gute, wechselseitige Erfahrung wünsche ich Ihnen für den heutigen Tag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17596
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