Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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In vielen Unternehmen sind sie schon abgehakt: Die Betriebsratswahlen 2014. Herzlichen Glückwunsch den Neu- und Wiedergewählten. Sie werden nun vier Jahre lang Gesetze und Tarife überwachen und das soziale Umfeld im Betrieb ausgestalten. Sie müssen angehört werden bei Einstellungen und Entlassungen. Sie tragen Sorge für gerechten Lohn und humane Arbeitsbedingungen. Geht es freilich um Stellenabbau, um zweifelhafte Werkverträge oder gar um Schließung und Verlagerung, haben sie schon nichts mehr zu melden. So weit reicht die berühmte Mitbestimmung noch lange nicht! 

Mutige und engagierte Frauen und Männer im Betriebsrat mühen sich allerdings nicht nur mit ihrem gesetzlich vorgeschriebenen „Pflichtenheft“  – sie sind darüber hinaus oft die eigentlichen „Betriebsseelsorger“ am Ort der Arbeit, Anlaufstelle für Sorgen und Nöte, Klagemauer und manchmal auch Schuttabladeplatz. Sie trösten und richten auf, sie zeigen auch mal die Harke, wenn einer auf der Schleimspur kriecht oder sich daneben benimmt. Sie hauen den Mobbern auf die Pfoten und schützen die Schwachen und Angeschlagenen. Wahrlich kein Job, um sich gemütlich zurückzulehnen. Viele Betriebsräte nehmen die Bedrängnisse und Nöte aus dem Betrieb abends mit nach Hause – bis hinein in einen unruhigen Schlaf.

Unbegreiflich, dass manche Unternehmen immer noch Betriebsratswahlen be- oder gar verhindern. Sie sind dabei selber die Dummen, denn Untersuchungen bestätigen ein ums andere Mal: Belegschaften mit Betriebsräten arbeiten viel produktiver, flexibler und innovativer, weil sich die Menschen nicht als Untertanen fühlen, sondern mitbestimmen.

In ihrem Aufruf zur Betriebsratswahl danken die beiden großen Kirchen allen, die als Betriebsräte Verantwortung übernehmen. Noch schöner wäre es, die Kirchen würden diese Aussagen durch eigene mustergültige Arbeitsbeziehungen decken. Damit könnten sie einlösen, was sie in ihrer Sozialethik immer wieder der Wirtschaft ins Stammbuch schreiben, dass nämlich lebendige Arbeit wichtiger ist als totes Kapital, und dass Demokratie nicht am Werkstor endet. „Ein Unternehmen ist nicht ausschließlich Kapitalgesellschaft“, so heißt es im Rundschreiben eines Papstes, „sondern immer auch eine Gemeinschaft von Menschen, die mit ihrer Arbeit daran beteiligt sind“ (Rundschreiben „Centesimus annus“ 43).

Bleibt nur noch der Appell an die Beschäftigten selbst: Fordert eure Betriebsräte, aber überfordert sie nicht! Unterstützt sie vielmehr, und lasst sie im Kampf um Recht und Würde der Arbeit nicht im Regen stehen.  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17551
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