SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Mit dem Ostermontag war das Osterfest nicht zu Ende. Die christlichen Kirchen feiern dieses Fest eine Woche lang bis zum kommenden Sonntag – dem sogenannten Weißen Sonntag. Jeden Tag in dieser Woche von Sonntag bis Sontag wird die Osterbotschaft in den biblischen Texten der Gottesdienste neu entfaltet. Neu entdeckt. Immer mehr können wir erkennen, was Ostern mit unserem Leben zu tun hat. Halte mich nicht fest, sagt der auferweckte Jesus im heutigen Text zu seiner überraschten Jüngerin Maria Magdalena. Halte mich nicht fest – das ist ein österlicher Zwischenruf hinein auch in mein Leben. Ich bin eher praktisch veranlagt, möchte etwas in der Hand halten, etwas festhalten können. Ich möchte vielleicht auch einen Menschen, der verstorben ist, festhalten können für immer. Ich kann ihn nicht einfach loslassen. Halte mich nicht fest. Dieser Aufforderung Jesu ist Maria von Magdala nachgekommen. Sie geht gestärkt zu ihren Freundinnen und Freunden zurück, weil sie etwas erfahren hat. Ihre Erfahrung ist nicht mit Händen greifbar. Sie kann diese Erfahrung - eine Ostererfahrung - nur im Glauben weitergeben. Sie kann ihnen nur davon erzählen. Die Woche nach Ostern erinnert mich auch an meine eigenen Toten. Menschen, die ich vermisse. Menschen, die ich nicht festhalten konnte. Menschen, die ich loslassen musste. Meinen Vater und viele Freunde, die ich gehen lassen musste. Auch ich kann nur von ihnen erzählen, besondere Erlebnisse und Begegnungen erinnern. Festhalten mit Händen konnte ich keinen von ihnen, aber in meinem Herzen bewahren kann ich sie alle. Ostern geht über das Erinnern hinaus. Ostern vollendet das sterbliche Leben der Schöpfung für immer in einer neuen Schöpfung. Die Begegnung der Maria von Magdala mit dem Auferweckten im wohl blühenden Garten ist ein besonderes Zeichen für diese Vollendung, die uns verheißen ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17406
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