Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Weil die Pfarrer zu faul waren, zu ungebildet oder manche auch zu gelehrt, um eine ordentliche Predigt zu halten, deshalb hat Martin Luther für sie ein Lehrbuch geschrieben. Auf Deutsch, damit ihn wirklich alle lesen und verstehen können. Dieser Deutsche Katechismus ist heute vor 485 Jahren erschienen. Inzwischen nennt man ihn den „Großen Katechismus“[1], weil es auch noch einen „Kleinen“ gibt. Den hat Luther ein Jahr später veröffentlicht, kürzer und knapper, für die Kinder und für die einfachen Leute.
Katechismus heißt auf Deutsch „Kinderlehre“. So schlecht waren damals anscheinend die Predigten, die Luther auf seinen Reisen zu hören bekam, dass er die allerwichtigsten Dinge des christlichen Glaubens wie in einem Lesebuch für Kinder zusammengefasst hat.  Die zehn Gebote, das Vaterunser, das Glaubensbekenntnis, ein paar Sätze über die Taufe und über das Abendmahl. Und dazu jeweils ein paar einfache Gedanken, wie man diese Grundlagen des Glaubens denn nun verstehen könnte.
Im Katechismus ist kurz und knapp zusammengefasst, was die Bibel erzählt. Die sollte man deshalb dazu lesen, schreibt Luther. Erst dann kann man sich ein Bild machen von den Erfahrungen, die Menschen mit Gott gemacht haben. Und warum die dann ihren Glauben geweckt und ihr Gottvertrauen gestärkt haben.
Ob es nicht besser wäre, neuere, zeitgemäßere Maßstäbe zu haben für das, was Christen glauben? Ist ein Lehrbuch, das 485 Jahre alt ist, noch aktuell? Ich glaube nicht, dass das Alter gegen den Katechismus spricht. Das Reinheitsgebot für Bier ist noch 12 Jahre älter. Aber die meisten sagen: Wir tun gut daran, nicht davon abzuweichen.
Und ich finde, es stimmt: Immer wieder, wenn ich darüber nachdenke, was Luther schreibt, finde ich neue Einsichten. Zum Beispiel die Erklärung zum ersten Gebot. „Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine anderen Götter haben.“ Dazu steht im Großen Katechismus: „Worauf du nun dein Herz hängst und dich verlässt, das ist eigentlich dein Gott.“ Und ich frage mich: Woran hängt denn mein Herz? An meiner Familie, sicher. Aber gibt es vielleicht auch die Gefahr, die Kinder zu vergöttern? Oder den Lebenspartner? Oder hängt mein Herz am Erfolg, den ich habe? Was bin ich zu tun bereit für meinen Erfolg? Ich finde: Darüber kann man gar nicht genug nachdenken.

[1]Man findet den Großen Katechismus auf den Internetseiten der EKD: https://www.ekd.de/glauben/bekenntnisse/luthers_grosser_katechismus.html

Den Kleinen z.B. auch im Evangelischen Gesangbuch, S. 1485ff

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17401
weiterlesen...