Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Neulich in Reutlingen. Ich sollte bei den Kommunionkindern die Erstbeichte hören. Während wir uns ein bisschen „beschnuppert“ haben, meldet sich plötzlich ein Junge und fragt: „Wie kann das sein, dass Jesus der Sohn Gottes ist und stirbt?“ Uff! Was für eine Frage, wo doch gleich das Beichten beginnen soll! Und gar keine Zeit, das richtig und in Ruhe zu erklären. Ich habe also den Jungen vertröstet, und bin ihm (und den anderen Kindern und anwesenden Eltern) die Antwort bis jetzt schuldig geblieben. Ich werde sie nachholen. Versprochen.

Weil aber die Frage so gut zum Karfreitag heute passt, lege ich mir jetzt schon ein paar Gedanken dafür parat. Also: Wie kann das sein, dass Jesus der Sohn von Gott ist, und gleichzeitig am Kreuz stirbt? Wie passt das zusammen?

Mit dieser Frage haben viele ein Problem. Für das Judentum und den Islam ist das ein Grund, weshalb sie nicht an Jesus als den Messias glauben können. Die Auferstehung von den Toten stellen sie nicht in Frage. Aber dass ein von Gott Gesandter, sein Sohn gar, so einen grausamen, menschenverachtenden Tod am Kreuz sterben soll, das geht nicht. Das ist ganz und gar ungöttlich. Es passt nicht zu dem Bild von Gott, das sie sich gemacht haben.

Auch für viele Christen scheiden sich an diesem Thema die Geister. Gott und das Leid, das scheint nicht gut zusammen zu passen. Unter Gott stellen sich viele etwas ganz anderes vor. Und die Begriffe, die im Laufe der Jahrhunderte das Christentum geprägt haben, sprechen ja auch eine andere Sprache. Vom Sieger ist da die Rede, der seine Feinde bezwingt, vom Retter aus Sünde und Tod. Gott wird allmächtig genannt, stark und groß. Aber wie er das macht, das verliert sich in den Vergleichen mit einer Herrschaft, die nach Menschenart gemacht ist.

Das Neue Testament der Christen sagt: Er macht es am Kreuz. Dort zeigt er seine wahre Kraft und auch seine Liebe. Er macht es anders, als wir das von Gott erwarten. Er stellt sich dem Leiden und dem Tod, weil das menschlich ist. Er weicht nicht vor dem aus, was andere durchgemacht haben und immer noch durchmachen. Er ist ganz und gar Mensch. Bis in die allerletzte Konsequenz. Aber auch dort, am Kreuz, im Tod, bleibt er immer noch Gott.

So ähnlich werde ich das dem Jungen sagen. Und dann noch, dass mir das hilft, mein Leben zu meistern; auch wenn es mir schlecht geht und wenn ich Angst habe. Weil es Jesus genauso ging.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17377
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