Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Kennen Sie die Geschichte von Birne in der Kirche? Birne ist eine Glühbirne. Im Kinderbuch von Günter Herburger kann sie reden und fliegen. Eines Tages fliegt Birne in eine Kirche und wundert sich: „Hier hängt ja Jesus am Kreuz! Der sieht aber schrecklich aus, so schmerzverzerrt!“
In diesem Moment gibt es einen großen Knall. Birne rast aus der Kirche. Zwei Autos sind auf der Kreuzung zusammengestoßen. Verletzte liegen zwischen den Blechteilen. Die Umstehenden reden aufgeregt und schauen tatenlos zu. Birne rast zurück in die Kirche und ruft: „Jesus, wir brauchen dich, komm runter vom Kreuz!“ Und tatsächlich: Jesus steigt vom Kreuz herunter, läuft zu der Unfallstelle, heilt und tröstet. Die Passanten sind verwundert, wie dieser Mann anpackt. „Jeder kann helfen“, ruft Jesus ihnen zu. „Ihr müsst nicht staunen, ihr sollt handeln.“
In diesem Moment erkennen ihn die Passanten: „Jesus. Das ist Jesus“, ruft eine Frau „er ist von seinem Kreuz gestiegen“. Die Menschen heben ihn hoch und tragen ihn in die Kirche zurück. Sie können sich nicht vor­stellen, dass es Jesus auch außer­halb der Kirche gibt. Aber Jesus will nicht ans Kreuz zurück. Er will lieber bei den Menschen sein.
Ich mag diese Geschichte. Gerade, weil sie so anschaulich zeigt: Gott ist nicht irgendwo weit weg – in den Kirchen oder gar im Himmel. Er ist direkt an unserer Seite. Da will er sein und da gehört er hin. Er geht mit den Menschen durch die Welt, greift helfend und tröstend ein, wenn es sein muss, und manchmal ruft er seinen Menschen auch mahnend zu: „Ihr müsst nicht staunen, ihr sollt handeln!“.
Trotzdem finde ich es gut, dass Jesus und sein Kreuz in den Kirchen zu sehen ist. Das Kreuz erinnert schließlich an das Leid und den Tod, die Gott für seine Menschen auf sich genommen hat. Und damit erinnert das Kreuz mich daran, dass ich auch da nicht allein bin – auch wenn ich unter etwas leide und selbst wenn der Tod in mein Leben tritt. Auch dann ist Gott nah bei mir: mitten im Leiden, mitten im Tod.
Das Kreuz erinnert mich aber auch: Leid und Tod sind nicht das letzte. Es kommt noch etwas nach dem Leiden, nach dem Tod: eine neues Leben ohne Leid und Schmerz – ein Leben mit Gott!
Das feiern wir Christen jedes Jahr an Ostern.
Der Apostel Paulus sagt das so: „Nichts kann uns von der Liebe Gottes trennen: nicht der Tod und nicht das Leben, nichts Gegenwärtiges und nichts Zukünftiges“ (Röm 8,38).
Daran erinnert das Kreuz in der Kirche. Und darauf möchte ich nicht verzichten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17309
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