Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Was für eine Idee, mir eine Maniküre zu schenken!
Meine Freundin aus Schulzeiten war zu Besuch und genau das hat sie mir mitgebracht: Eine halbe Stunde für meine Hände. Ich war zunächst skeptisch, ich bin nicht der Typ für Lack oder Glitzersteinchen auf den Nägeln! Aber als ich schließlich im Kosmetikstudio saß, konnte ich das Geschenk doch genießen – und meine Hände erst recht! Die sahen danach zwar nicht wirklich anders aus. Sie fühlten sich aber ganz anders an: irgendwie verwöhnt und kostbar!
An meinem Arbeitsplatz in der Citykirche in Reutlingen habe ich danach zum ersten Mal so richtig die Hände der Menschen wahrgenommen, die mir dort begegnen. Da gibt es Besucher und ehrenamtliche Mitarbeiter und die Menschen mit Behinderungen, die im Café arbeiten. Da gibt es Männerhände und Frauenhände, alte, mittelalte und ganz junge Hände.
Was diese Hände wohl alles erlebt haben? Welche Handgriffe haben sie schon verrichtet?
Wen haben sie schon begrüßt und wen mussten sie verabschieden?
Wo haben sie mit angepackt, wie oft haben sie sich zum Gebet gefaltet, wie viele Tränen haben sie weggewischt?
Die Hände hätten so viel zu erzählen.
Und alle diese Hände hätten es auch verdient, verwöhnt und berührt zu werden.
In der Citykirche feiern wir jedes Jahr einen Mitarbeitergottesdienst. Im Mittelpunkt steht der Segen Gottes. Meine Kollegin und ich legen den Ehrenamtlichen die Hand auf die Stirn und malen ihnen mit unserem Finger ein Kreuz in jede ihrer Hände – als Zeichen dafür, dass Gottes Segen in ihre Hände gezeichnet ist und dass sie Gottes Segen weitergeben – tausendfach.
Es ist jedes Mal mit das Eindrücklichste, wie lange dieses gemalte Zeichen noch spürbar ist in den Handflächen und mit ihm die körperliche Erfahrung: Gott ist bei uns, ganz nahe, ganz spürbar. Sein Segen liegt auf mir: Auf mir und in meinen Händen, damit ich ihn weiter verschenke.
Es ist schön, dass zu spüren. Eigentlich müssten wir jede Woche so einen Gottesdienst feiern, um dieses Gefühl mit durch das ganze Jahr zu nehmen.
Aber vielleicht reicht es dazu auch, den eigenen Händen tatsächlich immer wieder einmal besondere Aufmerksamkeit zu schenken – durch eine schöne Creme oder tatsächlich durch eine Maniküre.
Vielleicht sollte ich mir eine solche Behandlung mal selber schenken oder einem Menschen, der mir am Herzen liegt. Zusammen mit einer Karte, auf der steht: „Gott hat seinen Segen in deine Hände gezeichnet – unauslöschlich, unzerstörbar.
Schauen Sie doch mal in Ihre Hände, da steht das auch geschrieben!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17307
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