SWR1 3vor8

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 Genesis 12,1-4a

2. Fastensonntag (A)

Geballte Segenskraft – davon ist heute in den katholischen Gottesdiensten zu hören. Der Glaubensvater Abraham wird von Gott gesegnet. Dadurch soll er selbst ein Segen sein, ja durch ihn sollen „alle Geschlechter der Erde Segen erlangen“ – so heißt es da. Eine wunderbare Zusage: Gottes Segen kennt keine Grenzen – er gilt allen Völkern. Gott kommt mit seinem Segen der Sehnsucht der Menschen nach Glück und Frieden und erfülltem Leben entgegen

Bei solchen Überlegungen wird mir wieder bewusst, wie wichtig eine meiner Diensthandlungen als Pfarrer ist: segnen. Am Schluss des Gottesdienstes, wenn ich ein Kind taufe, ein junges Paar traue, jemanden beerdige, dann segne ich die Anwesenden.

Segnen kommt vom lateinischen „signare“ – bezeichnen. Ich mache mit der Hand das Kreuz-Zeichen und segne die Gemeinde. Dem sehr nahe kommt ein anderes lateinisches Wort: „benedicere“, auf Griechisch „eu-legein“ – Gutes sagen. Zum Segnen gehört beides: das Kreuz-Zeichen und das gute Wort. Dem andern von Gott her Gutes zusprechen, ihm Gutes wünschen.

Doch warum segnet nur der Pfarrer, und dies fast nur bei offiziellen, dienstlichen Handlungen? Warum wünschen wir einander Gottes Segen nur bei feierlichen Anlässen? – Es ist selten geworden, dass die Mutter ihre Kinder mit einem Kreuz-Zeichen auf die Stirn segnet, wenn sie das Haus verlassen und bevor sie einschlafen. Ich weiß nicht, ob es in ländlichen Gegenden noch Brauch ist, dass der Vater oder die Mutter das Brot segnet, bevor es aufgeschnitten wird.

Auch so manche Beziehung könnte weniger kompliziert sein, wenn Probleme nicht bis zur Erschöpfung behandelt würden. Wenn – ab einem bestimmten Punkt – jeder mal in sich gehen würde. Sie oder er sogar den Mut aufbringt, in einer verworrenen Situation um Gottes Segen und Hilfe zu bitten.

So einiges im Zwischenmenschlichen, aber auch in Gesellschaft und Kirche könnte sich positiv bewegen, wenn wir es fertig brächten, Gott ins Spiel zu bringen. Auch und gerade in Situationen, die schwierig sind, könnten wir einander ein Segen sein. Auch und gerade bei Leuten, mit denen ich mich nicht so leicht tue. Wenn ich es dann fertig brächte, Gott auch darum zu bitten:

„Gott, ich bitte dich um deinen Segen für die, die mich nicht mögen. Ich bitte dich auch um deinen Segen für die, die ich nicht mag.“

Ich wünsche Ihnen einen guten Sonntag.

Pfarrer Michael Broch, Leonberg, Katholische Kirche.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17199
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