Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Kommt doch zum Frühstück“, hatten uns meine Schwiegereltern eingeladen. „Da-nach unternehmen wir was – nachmittags gibt’s Kuchen, abends grillen wir.“ Eine ganz typische Einladung. Denn bei ihr dreht sich fast alles ums Essen. Kein Wun-der: Miteinander essen ist ja mehr als nur Nahrung zu sich nehmen. Miteinander essen heißt: wir erleben Gemeinschaft, wir haben Zeit füreinander, wir kommen uns nahe, wir teilen miteinander, was wir haben.
Das gemeinsame Essen spielt auch in vielen Religionen eine wichtige Rolle. Christen etwa erinnern an Jesus, indem sie an eine Mahlzeit denken. An das letzte Abend-mahl. Auch hier ist vieles im Spiel, was eine gemeinsame Mahlzeit auszeichnet: Gemeinschaft, Zeit füreinander, Austausch. Aber es geht noch um mehr. Beim letz-ten Abendmahl lässt sich auch erfahren: Dieser Jesus macht lebendig, lässt aufle-ben – selbst im Angesicht des Todes. Was Jesus über Gott und die Welt erzählt, das trägt, das macht leicht, das nimmt einem die Last von der Seele. Jesus, das ist ei-ner wie Brot, das man täglich isst, um am Leben zu bleiben. Wenn Christen im Gottesdienst das Brot brechen, dann erinnern sie an Jesus als echtes ‚Lebensmittel’.
Das Brot erinnert aber auch daran, dass das Christentum etwas mit Teilen und Aus-teilen zu tun hat. Das Brot soll für alle da sein. Konkret heißt das: Christen teilen Lebensmittel aller Art aus. Daran erinnern prominente Heilige: Elisabeth von Thü-ringen, die Brot an Arme ausgibt oder Mutter Theresa, die ihre Zeit und Kraft den Unterdrückten schenkt.
Elisabeth und Theresa teilen, weil Ungerechtigkeit regiert, weil es Reichtum und Armut in der Welt gibt. Wer Brot teilt macht also zweierlei: Er bekennt den Willen zur Gerechtigkeit. Aber er weiß auch, dass das Brotbrechen eine machtlose Gebär-de ist: Ein einzelner Mensch hat es nicht in der Hand, den Hunger in der Welt zu beenden.
Daran denke ich, wenn ich frühstücke: Brot kann satt machen. Aber Brot macht auch Hunger: Hunger auf eine Welt, in der alle Menschen genug zu essen haben.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1717
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