Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Alles, bloß keine Weicheier“ wollen Sie sein, die Jungs in der Berufsschule. Das hat mir ihr Lehrer erzählt und ich habe mich an meine Söhne erinnert. Die waren auch mal in dem Alter, in dem ein Junge alles sein will, bloß kein Weichei.
Keiner also, der sich alles gefallen lässt. Keiner, der womöglich weint, wenn die Oma gestorben ist oder die Freundin Schluss gemacht hat. Keiner, den die Erwachsenen nicht ernst nehmen,
Aber, sagt der Berufsschullehrer, sie müssen sich viel gefallen lassen, die Azubis und Berufsschüler. Die meisten Erwachsenen nehmen sie nicht ernst und trauen ihnen nicht wirklich was zu. Sie werden schmunzelnd losgeschickt, um „Siemens-Lufthaken“ zu holen oder das Frühstück.
Kein Wunder, dass die Jungs eine dicke Lippe riskieren, coole Sprüche machen, rauchen, trinken und mit sexuellen Erfahrungen herumprahlen, die sie oft gar nicht haben. Es soll doch keiner denken, sie seien Weicheier! Bloß: Auf diese Weise finden sie meistens auch keinen Zugang zur Welt der Erwachsenen. Die schütteln höchstens den Kopf über sie. Und die meisten Mädchen lassen die abblitzen, die damit angeben, was für tolle Kerle sie sind. Die meisten Mädchen mögen keine Kraftprotze.
Können wir Erwachsene ihnen irgendwie helfen beim Erwachsen werden, diesen Jungs, die so gern richtige Männer sein möchten? Ich glaube, wir, die Lehrer und Ausbilder, die Mütter und Väter, die Trainer und Meister, wir sollten sie vor allem ernst nehmen. Wir sollten ihnen etwas zutrauen. Und dann auch einfordern, dass sie die Aufgaben erfüllen, die sie haben. Wenn es sein muss, sie dabei unterstützen. „Wir haben Regeln vereinbart, an die halten sich beide Seiten. So geht es unter Erwachsenen zu“. Ich glaube, das verstehen die Jungs. Und so fühlen sie sich ernst genommen.
Und vielleicht kann man bei Gelegenheit mal mit ihnen reden, was einen Mann von einem Kraftprotz unterscheidet. Von Jesus zum Beispiel kann man da eine Menge lernen. Unter anderem, dass ein richtiger Mann die Schwachen unterstützt. Dass er zu sich selber steht, auch zu seinen Schwächen und auch zu seinen Fehlern. Dass er mit anderen zusammen für das große Ziel arbeitet, die Welt ein bisschen besser zu machen. So sind richtige Männer. Denen macht es nichts aus, wenn einer mal weint. Die sind nicht besonders cool. Aber mitfühlend.
Der Apostel Paulus hat das Christentum bis nach Europa verbreitet. Der war kein Kraftprotz mit coolen Sprüchen. Aber sicher auch kein Weichei. Der hat eine ganze Menge aushalten müssen. Zu dem hat Gott mal gesagt: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ Es wäre gut, wenn sich auch die Jungs heute darauf verlassen könnten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17136
weiterlesen...