Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Unser Mäxchen ist tot. Über drei Jahre hat das Kaninchen bei uns gelebt. Vor weni-gen Tagen lag es morgens tot in seinem Stall. Am Tag vorher war es noch quickle-bendig gewesen. Hatte gefressen, war rumgerannt – alles wie immer. Doch jetzt, nur wenige Stunden später, über Nacht, war Mäxchen tot.
Wir brachten das Kaninchen in die Wohnung. Sophia, unsere neunjährige Tochter, die Kaninchenmutter, hielt es lange auf dem Arm. Weinte. Und jeder aus unserer Familie musste unser Mäxchen noch mal anfassen. Streicheln. Ein letztes Mal das weiche Fell spüren. Abschied mit den Händen nehmen. Handgreiflich sich verab-schieden. Dann holten wir einen Schuhkarton und Sophia bette ihr Mäxchen vor-sichtig hinein. Wir pflückten ein paar Blumen aus dem Garten. Legten sie zu dem Kaninchen in den kleinen Tiersarg. Eine Knabberstange wollte Sophia auch noch in die Schachtel legen.
Im Garten haben wir es begraben. Jeder durfte ein paar Schaufeln Erde auf das Grab werfen, bis der Sarg ganz bedeckt war. Und dann haben wir uns an den Hän-den gefasst und gebetet. So ungefähr: „Lieber Gott, Mäxchen hat uns lange beglei-tet. Es hat uns froh gemacht. Manchmal haben wir es vernachlässigt. Aber oft ha-ben wir mit ihm gespielt und es gepflegt. Jetzt sind wir traurig, dass es gestorben bist. Wir bitten dich, pass gut auf unser Kaninchen auf – ganz gleich, wo es jetzt ist. Und sei bei allen Tieren und Menschen, die jetzt auch sterben müssen. Halte du zu ihnen.“
Am Nachmittag haben wir ein Kreuz auf das Grab gestellt. Wir haben miteinander geredet. Dass kein Tier, kein Mensch wieder zurückkommt. Dass der Tod unwieder-bringlich ist. Dass der Tod brutal ist. Aber wir haben auch gespürt: Es braucht alle diese Zeichen, den Sarg, das Grab, das Kreuz, das Gebet, um Abschied nehmen zu können. Um wieder einmal zu begreifen, was jeder Tod sagt: dass wir auch einmal sterben müssen. Und zu begreifen: Dass jedes Lebewesen sterben muss, ist schlimm. Aber gemeinsam trägt sich jeder Tod, jedes Sterben leichter.


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