Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Kinder und Narren sprechen die Wahrheit, heißt es. Die Narren sind oft laut. Sie bestimmen gerade heute das Straßenbild. Kinder äußern die Wahrheit oft mit leisen Tönen.

In einem Gottesdienst haben Jugendliche selbst formulierte Fürbitten vorgetragen. Wünsche, Hoffnungen, Dinge, die sie beschäftigen. Bei den Bitten vertrauen sie auf eine höhere Macht, die dafür sorgen soll, dass sie wahr werden. Das hört sich dann so an: "Lieber Gott, mach dass die Kinder in Syrien wieder ohne Angst vor Bomben spielen können". oder: "Guter Gott, mach, dass Mama und Papa sich wieder vertragen und normal miteinander reden können".
Die Bitten werden von den Kindern oft mit schwacher und zitternder Stimme vorgetragen, ängstlich und ohnmächtig. Das ist spürbar. "Ich wünsche", sagt ein Mädchen, "dass die Armen mehr Geld verdienen um sich genug Essen kaufen zu können und auch mal in den Urlaub fahren können". Ein anderes Kind sagt: "Bitte mach meine alte Oma wieder gesund". Erzwingen können wir eine Lösung nicht und in der Regel eine Besserung auch nicht direkt beeinflussen, so glauben wir. Alles wird ausgesprochen, was die Welt und das friedliche Miteinander bedroht. Erwachsene sehen das oft sehr nüchtern und finden sich mit der Welt, so wie sie ist, einfach ab.

"Gott soll wieder besser werden!!" sagt ein Junge im Brustton der Überzeugung. Ein starker Satz. Er lässt mich aufhorchen. War Gott früher besser? Früher war alles besser, auch Gott! Wie kommt ein Kind zu der Überzeugung und der Bitte: "Gott soll wieder besser werden!!" Offensichtlich erlebt es eine Spannung zwischen dem, was es heute sieht und dem was ihm von früher erzählt wird. Vielleicht vergleicht der Junge auch das, was er erlebt, mit dem was in der Bibel geschildert wird. Das Kind stellt fest: das Eingreifen Gottes in das Weltgeschehen ist heute offensichtlich nicht wirklich spürbar.
Wenn Gott heute nicht mehr so direkt wie in den Geschichten der Bibel erlebt wird, so liegt das wahrscheinlich mehr an uns als an Gott, denke ich.

"Gott ist eine Tat-Sache" habe ich als Grafitti gelesen, wobei zwischen Tat und Sache ein Bindestrich war und das Wort Sache groß geschrieben war, also Tat Sache. Wenn Gott so eine Tat-Sache ist, dann liegt seine Gegenwart an uns. Was wir Tun ist Gottes Wirken. Unsere Worte und unsere Taten machen Gott heute sichtbar und spürbar. Gott ist eben eine Tat-Sache. Dann liegt es auch an uns, ob Gott wieder besser werden kann.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17105
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