Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Heute ist der Schmotzige Dunschtig. Oder auf Hochdeutsch: Weiberfasnacht. Für meine Schüler wird es ein kurzer Schultag: In der dritten Stunde kommen die Narren, um sie vom Unterricht zu befreien, und danach gibt es eine Fasnachtsparty in unserer Schul-Aula.
Fasnacht wird an vielen Schulen und in vielen Kindergärten gefeiert. Und daran scheiden sich die Geister. Besonders manche evangelischen Eltern möchten das nicht haben. Sie sagen „Fasnacht ist unmoralisch“ und zeigen auf Jugendliche und Erwachsene, die sich an Fasnacht völlig gehen lassen. Sie haben Angst, dass die Fasnachtsfeier im Kindergarten oder in der Schule später ihre Fortsetzung in wilden Partys hat, wo es nur darum geht, sich voll laufen zu lassen und am Ende möglichst eine Partnerin oder einen Partner abzuschleppen. Leider gibt es diese Seite der Fasnacht tatsächlich und auch ich kann mir für meine eigenen Kinder bessere Orte vorstellen.
Aber besteht da wirklich ein Zusammenhang zwischen der Fasnachtsfeier im Kindergarten und solchen Veranstaltungen? Wenn ich mich an meine eigene Kindheit zurückerinnere, dann war Fasnacht für mich vor allem das Fest der Verkleidungen. Ich konnte in Rollen schlüpfen und als Cowboy, Ritter oder Pirat durch die Gegend laufen. Das ging sonst nicht, und das fand ich toll. Trotzdem bin ich heute ein Fasnachtsmuffel und auf dem einzigen Hemdglonkerball, auf dem ich als Jugendlicher mal war, hat’s mir nicht gefallen.
Und dann gibt es ja auch noch eine andere Seite der Fasnacht, die ich besonders in den letzten Jahren kennen gelernt habe. Und das ist die traditionelle schwäbisch-allemannische Fasnet. Das hat schon was, wenn beispielsweise die Villinger Narros beim Umzug mit ihren geschnitzten Masken, handbemalten Kostümen und schweren Schellenkränzen durch die Altstadt ziehen. Für viele Mitglieder solcher traditioneller Zünfte ist die Fasnet bei allem Spaß auch eine ernste Sache. Das hat neulich auch der Präsident des Ortenauer Narrenbundes unterstrichen. Er hat auf die 1000jährige Tradition der Fasnet hingewiesen und ihren christlichen Hintergrund betont. Von den Wir-lassen-die-Sau-raus-Karnevalisten hat er sich deutlich distanziert.
Also: Fasnacht und der christlicher Glaube müssen sich nicht widersprechen. Trotzdem gibt es Kinder, die Fasnacht einfach nicht mögen. Mein Sohn zum Beispiel. Er kann mit Masken und Verkleidung nichts anfangen, und das närrische Treiben ist ihm einfach zu viel. An seiner Schule gibt es heute ein Klassenzimmer, wo sich alle Kinder, denen es ähnlich geht, zurückziehen können. Das finde ich eine gute Idee.

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