SWR1 3vor8

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Fragt ein Personalchef im Bewerbungsgespräch: „Sind Sie entscheidungsfähig?“ Wie aus der Pistole geschossen kommt die Antwort: „Jein!“ Das ist mir eingefallen, als ich im Matthäusevangelium das Kapitel 5 gelesen habe. Da sagt Jesus nämlich:„Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein; alles andere stammt vom Bösen.“
Kurz und prägnant steht das da und ist doch so schwierig. Manchmal kann ich mich lange nicht entscheiden, was ich will oder was ich richtig finde. Trotzdem ist mir dieser Satz sympathisch. Wenn alle Menschen ihn befolgen würden, könnten wir uns aufeinander verlassen. Ja meinen, wenn ich Ja sage, Nein meinen, wenn ich Nein sage. Ohne Hintertürchen, ohne die gekreuzten Finger hinterm Rücken, mit denen wir uns als Kinder immer einen Ausweg offen gehalten haben. Wenn ich mir auf der andern Seite vorstelle, daß wir tatsächlich alle füreinander glaubwürdig wären: im persönlichen Bereich und öffentlich. Wenn alle Politiker und alle Kirchenleute das meinen, was sie sagen, ebenso alle Journalisten, wenn sogar jeder Facebook-Eintrag absolut ehrlich wäre – das kann ich mir schon fast gar nicht mehr vorstellen. Dabei täte uns das so gut. Und die Worte Jesu sind wohl auch so gemeint. Daß wir nicht halbherzig Ja oder Nein sagen und auch nicht taktisch und das wir uns auch nicht hinter Worten verstecken. Ein Beispiel: Mutter fragt Sohn: hast Du den Müll runtergebracht? Sohn antwortet mit Ja und verschweigt, daß er Biomüll, Plastik und Restmüll – alles zusammen in eine Tonne gekippt hat. Er hat nicht gelogen und trotzdem die Unwahrheit gesagt. Viel ernster, wenn unter Partnern die Frage entsteht: Hast Du mich betrogen? Ein „Nein“ ist da oft nicht gelogen. Aber es verbirgt, daß im Herzen vielleicht schon ein Betrug angefangen hat und daß beide darüber dringend reden müssen.

Darum geht es Jesus in diesem ganzen Kapitel 5 im Matthäusevangelium: daß wir nicht nur dem Wortlaut nach miteinander reden und Regeln des Zusammenlebens einhalten, sondern dem Sinn nach und mit ganzem Herzen. Ich wünsche mir, daß uns das viel besser gelingt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16998
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