Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Geh aus mein Herz und suche Freud an deines Gottes Gaben!“ So beginnt ein Kirchenlied. Es ist ein Loblied auf Gott. Ich kenne es schon lange. Jetzt erst ist mir bewusst geworden, dass dieses Lied mich auffordert, Freude zu suchen. Sich freuen kann demnach etwas Aktives  sein – nicht nur ein Gefühl, das sich einstellt, weil ich einen schönen Abend mit Freunden verbracht habe, beruflich erfolgreich bin oder ein tolles Geschenk bekommen habe. 

Im Alltag gelingt es oft nicht, das Gute und Schöne wahr zu nehmen und sich daran zu freuen. Wenn ich im Stress bin krieg ich den Tunnelblick. Augen zu und durch. Rechts und links sonst nichts. Wer gewohnt ist, auf das zu schauen, was nicht gut läuft oder alles andere als perfekt ist,  wird leicht blind für den Rest. 

Heute wissen wir, dass Menschen besser und länger leben wenn sieaufmerksam sind für das Erfreuliche und Schöne im Alltag.Dazu gibt es viele Ideen.Eine davon habe ich in einerkleinen Geschichte entdeckt. Sie erzählt von einem Grafen, der sehr, sehr alt wurde. Vielleicht auch deshalb, weiler ein Lebensgenießer par excelleance war: 

Er verließ niemals das Haus, ohne sich zuvor eine Handvoll Bohnen einzustecken. Er tat dies nicht etwa um die Bohnen zu kauen. Nein, er nahm sie mit, um so die schönen Momente des Tages bewusster wahrzunehmen und sie besser zählen zu können. Jede positive Kleinigkeit, die er tagsüber erlebte, zum Beispiel einen fröhlichen Plausch auf der Straße, das Lächeln seiner Frau, ein köstliches Mahl, eine feine Zigarre, einen schattigen Platz in der Mittagshitze, ein Glas guten Weins – für alles, was die Sinne erfreute, ließ er eine Bohne von der rechten in die linke  Jackentasche wandern. Manchmal waren es gleich zwei oder drei. Abends saß er dann zu Hause und zählte die Bohnen aus der linken Tasche. Er zelebrierte diese Minuten. So führte er sich vor Augen, wieviel Schönes ihm an diesem Tag widerfahren war und er freute sich. Und sogar an einem Tag, an dem er bloß eine Bohne zählte, war der Tag gelungen, hatte es sich zu leben gelohnt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16976
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