SWR1 3vor8

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Wenn mich jemand das erste Mal zu sich nach Hause einlädt - da bin ich oft angespannt. Gerade, wenn wir sonst nicht so viel miteinander zu tun haben und uns noch nicht so kennen. Neue Nachbarn, zum Beispiel. Oder, wenn ich das Gefühl habe, dass wir ziemlich unterschiedlich sind. Weils eine andere Kultur ist. Oder weil die Person im Alltag was völlig anderes macht als ich. Da überlege ich, über was ich dann reden soll. Was ich anziehen soll. Wie das wohl alles wird. Und befürchte auch, dass ich etwas falsch machen könnte. Dass es dann für alle komisch wird.
So ähnlich ist es vielleicht auch dem Apostel Petrus gegangen. Der hatte auch Bedenken. Darum geht es heute in den evangelischen Gottesdiensten. Petrus hatte von klein auf gelernt, dass er als Jude nicht ins Haus eines Römers gehen soll, und schon gar nicht mit ihm essen. Dass das gegen die Vorschrift ist. Dass man das nicht macht, mit den Römern essen. Der fremden Besatzungsmacht. Also war Petrus noch nie bei einem Römer zu Hause. Und dann hat ihn ein Mann namens Kornelius zu sich eingeladen. Der war auch noch ein römischer Hauptmann.
Aber Petrus hatte vorher eine Art Tagtraum. Darin hatte ihm Gott gezeigt, dass er hingehen soll. Also ist er angereist, 50 km weit. Irgendwann ist es so weit: Er steht vor der Tür. In dem Moment kommt ihm Kornelius entgegen. Er begrüßt ihn, sie unterhalten sich. Und dann geht’s auf einmal ganz leicht. Später am Abend hat Petrus gesagt: „Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht.“
Petrus hat gelernt: Gott sieht nicht auf die Person. Es ist für ihn nicht wichtig, ob jemand Jude ist oder Römer. Heute ist vielleicht die Frage: Ob jemand Deutscher ist oder Rumäne. Oder, ob er einen EU-Pass hat oder nicht. Aber diese Unterscheidungen – die gelten bei Gott nicht.
Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr fordert mich das heraus. Weil ich doch nicht auskomme ohne Kategorien. Und es ist ja auch nicht alles das Gleiche, denke ich dann. Es gibt sie ja, die Unterschiede, zwischen den Menschen. Zwischen Völkern, Kulturen und Religionen.
Aber darum geht es vielleicht auch nicht. Sondern darum: Dass ich mich über die Schwelle traue. Dass ich einlade und mich einladen lasse. Dass ich nicht meine, ich weiß doch schon, wie der ist. Sondern offen bin, dass es auch anders sein könnte. Dass so eine Einladung auch schön werden könnte. Das habe ich jedenfalls auch schon erlebt. Manchmal braucht es ein bisschen Zeit zum Anwärmen – aber dann wird’s doch irgendwie gut.

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