Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Ewa und Justina – so hießen die beiden Frauen, die sich abwechselnd um meine Oma gekümmert haben. Immer drei Monate am Stück waren sie in Deutschland und haben gekocht, geputzt und meiner Oma Gesellschaft geleistet. Und auch wenn es mit der Sprache ab und an ein wenig gehakt und die Chemie untereinander nicht immer gestimmt hat, so waren Ewa und Justina für meine Familie eine große Entlastung.

Viele, viele Frauen aus Polen, Rumänien oder der Ukraine betreuen ältere Menschen. Schätzungsweise 100.000 Frauen sind es allein bei uns in Deutschland. Und einen Markt dafür gibt es. Viele Pflegebedürftige wollen so lang wie möglich zu Hause versorgt werden. Doch die meisten Familien können diese Aufgabe nicht alleine bewältigen. Sie sind auf Menschen, wie Ewa und Justina, angewiesen.

Aber fragen wir uns auch, was das für die Frauen und ihre Familie bedeutet?

Zwar konnte Ewa das Geld, das sie in Deutschland verdient hat, gut gebrauchen, doch ihre Familie zuhause in Polen musste in dieser Zeit ohne sie auskommen. Für Ewa und ihre Kinder war das nicht einfach.

Der Caritasverband möchte auf diese und andere Kehrseiten aufmerksam machen. Er fordert Konzepte, wie z.B. Familien in Polen, deren Mütter bei uns in Deutschland arbeiten, während dieser Zeit unterstützt werden können. Und er drängt die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft, Arbeitsschutz und Sozialversicherung gesetzlich und damit verbindlich zu regeln.

„Weit weg ist näher, als du denkst“ ist deshalb das Leitwort des Caritasverbandes in diesem Jahr. Das weist mal wieder darauf hin, wie verflochten wir alle sind. Die Nachbarschaft endet nicht am Gartenzaun, sondern geht sogar über Ländergrenzen hinweg. Wenn ich mir das bewusst mache, verhalte ich mich auch anders. Nicht nur bei der Einstellung von Haushaltshilfen wie Ewa und Justina. Auch mein Konsumverhalten steht auf dem Prüfstand.

Mein Verhalten muss ich aber nicht nur mir gegenüber verantworten. Auch Gott nimmt mich in die Pflicht. Wenn bereits Adam im ersten Buch der Bibel von Gott die Frage gestellt wird: „Wo bist du?“ (Gen 3,9), so gilt das auch mir: Wo setze ich mich ein? Wie gehe ich mit meinen Mitmenschen und der Schöpfung um?

Mich und mein Handeln immer wieder zu hinterfragen und das zu tun, was möglich ist, das gehört zu meinem Leben dazu.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16844
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