Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Ein überzeugter Atheist wandert in den Bergen. Plötzlich rutscht er aus und fällt in eine Schlucht. Im letzten Moment kann er sich gerade noch an einem kleinen Ast festhalten und baumelt nun sprichwörtlich „am seidenen Faden“ über dem Abgrund. In seiner Not ruft er nach Gott. Ein Wunder geschieht: Gott antwortet und fragt: „Was willst du von mir? Ich dachte, du glaubst nicht an mich?“ Daraufhin antwortet der Mann: „Doch, nun glaube ich an dich, und wenn du mich jetzt rettest, dann werde ich mein Leben ändern und dir künftig vertrauen!“ Darauf antwortet Gott: „Du willst mir vertrauen? Wirklich? Dann lass jetzt los!“

Vertrauen ist nicht immer einfach. Das beschreibt auch diese Geschichte. Oft traue ich nur meinen eigenen Fähigkeiten. Und auch wenn ich selbst Probleme und Schwierigkeiten nicht bewältigen kann, kann ich nur schwer darauf vertrauen, dass sich schon eine Lösung finden wird.

So geht es wohl auch dem Wanderer. Er schafft es nicht den Ast loszulassen. Er ist sich sicher: Das wäre das Ende. Erst als ihn all seine Kräfte verlassen und er nicht mehr anders kann, rutscht er ab und das Erstaunliche passiert: Er landet sanft, denn die ganze Zeit war er nur wenige Zentimeter vom rettenden Boden entfernt.

Nur eine Geschichte? Man könnte meinen, im wirklichen Leben kommt so eine wundersame Rettung doch nur selten vor. Stimmt. Und stimmt auch wieder nicht.

Ich habe zwar oft das Glück, dass mir vieles, was ich anpacke, gelingt. Aber ich habe es auch schon erlebt, dass ein Wunder erst dann geschieht, wenn ich bereit bin wirklich loszulassen.

Doch solch ein Vertrauen will geübt sein und ich kenne nur wenige Menschen, die ein fast unerschütterliches Vertrauen von Natur aus in sich tragen.

Für mich ist dabei ein Gebet hilfreich, das der Ordensfrau Edith Stein zugeschrieben wird. Häufig bete ich es vor dem Einschlafen – und besonders an den Tagen, in denen es mir wieder schwer fällt, zu vertrauen und loszulassen:

Ohne Vorbehalt und ohne Sorgen leg’ ich meinen Tag in Deine Hand.
Sei mein Heute, sei mein gläubig Morgen, sei mein Gestern, das ich überwand.
Frag mich nicht nach meinen Sehnsuchtswegen, bin in Deinem Mosaik ein Stein.
Wirst mich an die rechte Stelle legen, Deinen Händen bette ich mich ein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16843
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