Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Als Seelsorgerin werde ich immer wieder gefragt: Interessiert sich Gott wirklich für mich? Wieso spüre ich das nicht? Lässt er mich doch im Stich?

In Zeiten, in denen alles rund läuft, ist es nicht schwer zu glauben, dass Gott immer bei mir sein will. Aber es gibt auch die anderen Momente, in denen ich nichts mehr ausrichten kann und in denen ich mich allein und verlassen fühle. Wenn eine Liebe zerbricht, die mein Leben mitbestimmt hat. Wenn ein Mensch stirbt, der mir sehr nahe steht.

Jesu Freunden ging es damals nicht anders. Zum Beispiel als sie mit ihm in einem Boot auf dem See Genesareth unterwegs waren. Kaum sind sie losgefahren, wird es stürmisch. Die Wellen schlagen hoch ins Boot. Es läuft voll und droht unterzugehen.

Jesus scheint das alles nicht zu stören. Er schläft auf einem Kissen. Mittendrin in den Wellen, mitten in der Angst seiner Jünger schläft er.

Bis ihn endlich einer weckt und ihn fragt: Warum schläfst du? Ist es dir denn egal, was mit uns passiert? Jesus bleibt ganz ruhig. Dann droht er dem Wind und dem Meer. Und tatsächlich wird es still. Der Wind legt sich. Sie sind gerettet.

Für mich ist der schlafende Jesus ein Bild für das Gefühl, dass Gott manchmal so weit weg ist. Für die Momente, in denen ich nichts von ihm sehe und höre. Zeiten, in denen ich mir nicht vorstellen kann, dass er sich für mich und mein Leben interessiert.

Und doch: Die rettende Kraft ist mit im Boot, wenn wir über den See fahren. Wenn es stürmisch und düster wird in unserem Leben. Inmitten aller Lebensstürme und Fluten, die mich manchmal zu überspülen drohen, ist er da.

Ich glaube in dieser Geschichte geht es aber nicht nur darum, in den Stürmen des Lebens gelassener zu bleiben, sondern auch um das, was Glauben bedeutet.

Jesus nimmt in diesem Sturm die Jünger in eine Art Glaubensschule mit. Und deshalb fragt er sie: Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben? (Mk 4, 40)

Denn auch wenn das Leben mir manches Mal ein anderes Gesicht zeigt: ich darf die Zuversicht haben, dass Gott bei mir ist. In allen Lebenslagen.

Dass sogar die Jünger das erst lernen mussten, das macht mir Mut.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16839
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