SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

Für die einen ist es ein Skandal. Andere haben sich damit abgefunden. Winken ab. Haben resigniert.
Warum tun sich die Katholischen und die Evangelischen so schwer damit, zusammen zu kommen? Gemeinsam Gottesdienst zu feiern. Haben sie nicht einen Glauben? Haben sie nicht denselben Gott?
Warum dann immer noch diese Gräben? Warum der Streit? Kann nicht einfach zusammen kommen, was zusammen gehört?
Auf der anderen Seite: Oft sind es ja gerade die kleinen Unterschiede, Äußerlichkeiten, mit denen sich viele so schwer tun. Die Lieder. Der Weihrauch. Die Feste. Daran hängt das Herz. Und man fühlt sich irgendwie doch fremd bei dem anderen. Hat vielleicht auch das Gefühl, nicht willkommen zu sein.
Ich verstehe, dass die Christen in den verschiedenen Kirchen sich damit nicht abfinden wollen. Und Außenstehende sagen: Ihr Christen redet immerzu vom dem Frieden und der Liebe. So weit her ist es damit wohl nicht. Ihr könnt ja nicht mal untereinander einig sein.
Das hat auch Jesus nicht gewollt, dass seine Kirche aufgespalten ist in verschiedene Gruppen, die nicht miteinander können – zumindest nicht Gottesdienst miteinander feiern können.
Aber was können wir Christen tun, dass sich da was ändert? Sicher, es gibt Fortschritte in der Ökumene, im Gespräch der Kirchen miteinander. Aber das geht so unendlich langsam voran. Und immer wieder gibt es Zeiten, da meint man, es geht mehr rückwärts als vorwärts.
Vielleicht sollten wir es ganz anders versuchen. Mit Beten. Gelegenheit dafür gibt die Gebetswoche für die Einheit der Christen. Die wird im Januar weltweit von allen christlichen Konfessionen begangen.
Wie wäre es, wenn wir statt zu jammern und zu klagen, anfangen zu beten? Am besten zusammen: Christen aller Konfessionen gemeinsam hier bei uns, in unserem Land und auf der ganzen Welt.
Im Gebet es Gott sagen: „Herr, wir leiden unter der Trennung der Kirchen. Wir wollen uns nicht damit abfinden. Wir wissen zwar auch nicht, wie das zusammengehen kann, was seit so vielen Jahrhunderten getrennt ist. Aber wir sehnen uns nach Einheit. Hilf uns, da Wege zu finden. Gib uns den Mut für den nächsten Schritt aufeinander zu. Wir wollen dich gemeinsam feiern.“
Was das bringen soll? – Ich denke, man könnte spüren, dass es den anderen genauso geht wie mir. Auch sie möchten, dass es anders wird. Ich glaube, das verbindet. Und die Gebete könnten zeigen: Wir geben die Hoffnung nicht auf. Wir lassen uns nicht auseinander bringen. Wir gehören zusammen als Evangelische und Katholiken.
Darin liegt für mich die große Chance dieser Gebetswoche. Denn wer miteinander betet, spürt die Gemeinsamkeit mehr als alles, was trennt. Wer die Einheit im Gebet vor Gott sucht, kann nachher nicht einfach getrennte Wege gehen.

Musik

In Deutschland denkt man beim Stichwort Ökumene meist nur an die katholische und die evangelische Kirche. Das steht uns direkt vor Augen. Doch die Christenheit ist bunter und weitaus vielfältiger, als man auf den ersten Blick sieht.
Ich muss in diesen Tagen oft an die Christen der orthodoxen Kirchen im Orient denken. Etwa an die christlichen Gemeinden in Ägypten, in Israel und den palästinensischen Gebieten, in Syrien und im Irak.
In diesen Ländern hat das Christentum seinen Anfang genommen. Da haben Jesus und die Apostel gelebt und verkündigt. Dafür stehen diese Kirchen heute ein – vor Ort.
Von Deutschland aus betrachtet wirken ihre Gottesdienste fremd und altertümlich. Die Rituale sind auch wirklich uralt. Vieles kann man kaum verstehen. Und doch, finde ich, sind wir mit diesen Christen auf besondere Weise verbunden.
Und sie brauchen es besonders, dass wir sie unterstützen und für sie beten. Denn sie haben es schwer in einer nicht-christlichen, zunehmend radikalisierten Umwelt.
Für viele ist die Situation in den letzten Jahren lebensgefährlich geworden. Sie sind zwischen die Fronten der Kriegsparteien geraten. Etwa in Syrien.
Früher haben die meisten syrischen Christen die Assad-Regierung unterstützt. Denn da konnten sie ihre Religion frei ausüben. Heute werden sie deshalb verdächtigt, zu deren Günstlingen zu gehören.
Dabei unterstützen die Christen in Syrien keine der Bürgerkriegsparteien. Doch gerade das wird ihnen zum Verhängnis. Durch ihre Neutralität geraten sie zwischen die Fronten der islamistischen Rebellen und der Truppen des Assad-Regimes.
Auch im Irak hat die Gewalt gegen Christen deutlich zugenommen. So sind in den letzten zwanzig Jahren etwa zwei Drittel der Christen aus dem Land geflohen. Sie hatten Angst um ihr Leben und haben keine Perspektive mehr in ihrer Heimat gesehen.
Auch für diese Schwestern und Brüder im Glauben beten Christen in der Gebetswoche für die Einheit der Christen.
Ich denke, wer so für andere eintritt, der zeigt damit: Wir lassen uns nicht auseinander bringen. Wir gehören zusammen über Ländergrenzen und Kontinente hinweg. Wir stehen füreinander ein.
Und die Christen, die dort im Orient um ihr Leben fürchten, die spüren vielleicht: Wir können uns auf die Menschen im fernen Europa verlassen. Wenn wir Hilfe brauchen, werden sie für uns tun, was sie können.
Ich hoffe, dass das den Christen in Syrien, in Ägypten und im Irak Mut macht, dass sie ein Segen werden können für ihre Länder und vielleicht sogar zu Friedensstiftern zwischen den verfeindeten Parteien.
Beten für gefährdete Mitchristen. Das wenigstens will ich tun – nicht nur in diesen Tagen während der Gebetswoche. Und vielleicht zeigt sich dann auch, was noch getan werden kann, um ihnen zu helfen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16826
weiterlesen...