Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Klartext aus Rom: „Diese Wirtschaft tötet“, so Papst Franziskus in seinem ersten Rundschreiben. Und er setzt gleich noch eins drauf: „Heute spielt sich alles nach den  Kriterien der Konkurrenzfähigkeit und nach dem Gesetz des Stärkeren ab, wo der Mächtigere den Schwächeren zunichte macht.“

Wirtschaftsliberale halten den Atem an. Einige aus kirchlichen Kreisen distanzieren sich sogar von ihrem Oberhirten. Dabei spitzt Franziskus nur zu, was seit Jahrzehnten schon kirchliche Lehrmeinung ist. Doch die „Katholische Soziallehre“, so sagen böse Zungen, zähle zu den bestgehüteten Geheimnissen der Kirche. Wer sie nicht kennt, fällt nun bei diesen Papstworten in eine Art Gefrierschock.

Papst Pius XI. hat – man höre und staune – schon im Jahre 1931geschrieben: „Die Wettbewerbsfreiheit – obwohl innerhalb der gehörigen Grenzen berechtigt und von zweifellosem Nutzen – kann unmöglich regulatives Prinzip der Wirtschaft sein. Und er fährt fort: „Macht ist blind. Um segenbringend für die Menschheit zu sein, bedarf die Selbststeuerung der Wirtschaft einer kraftvoller Zügelung...“ („Quadragesimo anno“ 88). Das klingt in den Ohren der Markt-Dogmatiker gar nicht gut.

Noch lange, bevor uns die Großbanken in diesem Jahrhundert mit zweifelhaften „Finanzprodukten“ überzogen haben und täglich im „Hochfrequenzhandel“ Milliarden durch die Drähte drücken, schreibt derselbe Papst schon damals: „Mit dem Kredit beherrschen die Banken den Blutkreislauf des ganzen Wirtschaftskörpers. Das Lebenselement der Wirtschaft ist derart unter ihrer Faust, dass niemand gegen ihr Geheiß auch nur zu atmen wagt...“  („Quadragesimo anno“106).

Und eine letzte Kostprobe, eine Aussage des II. Vatikanischen Konzils aus dem Jahre 1965 mit enormer Sprengkraft: „Die ... menschliche Arbeit hat Vorrang vor allen anderen Faktoren des wirtschaftlichen Lebens, denn diese sind nur werkzeuglicher Art“ („Gaudium et spes“ 67). Das wäre das Ende des Kapitalismus.

Franziskus hat den „Roten Faden“ kirchlicher Kapitalismus-Kritik aufgenommen und weiter gesponnen. Vielleicht gelingt es ihm, einen überfälligen Diskurs über modernes Wirtschaften anzuzetteln. Zukunftsfähig ist nur eine soziale, ökologische und mehr und mehr demokratische Markt-Wirtschaft, die den Menschen dient und die Schöpfung schont.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16749
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