Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Meistens schaffe ich’s nicht, Karten und Briefe so zeitig zu schreiben, dass sie auch wirklich pünktlich auf Weihnachtenankommen. Auch diesmal war am Dritten Advent klar: Ich werde das wieder nach den Feiertagen tun. An diesen stillen Tagen, an denen die Uhren scheinbar langsamer gehen als sonst. Jetzt also, gestern habe ich angefangen.

Zuerst habe ich all die lieben Weihnachtsgrüße noch einmal gelesen, die ich rechtzeitig bekommen habe, von Menschen, die besser organisiert sind als ich.

Viele haben mir Gutes gewünscht, für die Feiertage und fürs Neue Jahr. Auch konkrete Wünsche waren dabei, Gesundheit natürlich und Vieles sehr Persönliche. Und dann wird mir immer wieder eines gewünscht: Segen. Ja, Segen, das wünsche ich auch auf den Karten, die dann zum Neuen Jahr ankommen. Ich verstehe diesen Segen als göttlichen Beistand, weil ich weiß, dass unsere Kräfte nicht ausreichen, um einander wirklich zu schützen und zu bewahren. Weil ich Gott bitte, uns mit seiner Kraft entgegen zu kommen. Er soll ergänzen, was uns fehlt.

Dass es Menschen gibt, die Segnen zu ihrer Lebensaufgabe machen, das habe ich dieses Jahr in einem Adventskalender gelesen. Diese ungewöhnliche Geschichte hat mich angerührt, deshalb möchte ich sie Ihnen weitergeben:

 „‘Engel‘ wird sie genannt, oder auch ‚Schwester Frieda'. Niemand weiß, wie sie wirklich heißt und wie alt sie ist… Sie erzählt keine Geschichten. Sie sucht kein Gespräch. Arm sieht sie aus, mit beiden Händen hält sie sich an ihrem mit Tüten bepackten Rollstuhl fest. Sie bittet nicht um Hilfe. Sie steht einfach da. Schon seit zwanzig Jahren. Mitten im Getümmel des Zürcher Hauptbahnhofes. Fast jeden Tag. Stundenlang. Es hat sich herumgesprochen, wofür sie da ist. Sie segnet. Das ist ihre Aufgabe… ohne große Gesten und lautlos segnet sie die vorbei eilenden Reisenden. Wie ein immerwährendes Gebet. Manchmal bleibt jemand stehen… sorgenvoll, weil etwas Schweres bevorsteht. Auch dann bleibt sie leise, oft mit geschlossenen Augen. Aber die Menschen in Zürich vertrauen ihrem Engel am Rande der Bahnhofshalle. Und sie wissen sich gesegnet für den Weg. Mitten im Getümmel…“ [1]

Auch wenn manche die Geschichte schon kennen, vielleicht lege ich sie trotzdem den Grüßen bei, die ich heute oder morgen noch verschicke.



[1] Frank Howaldt, in: der andere advent 2013/14, Impuls zum 1. Adventssonntag

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16735
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