Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Zum christlichen Glauben gehört die Hoffnung. Die Hoffnung, dass Gott unser Leben und diese Welt zu einem guten Ende führen wird. Dass sein ewiges Reich des Friedens kommen wird, in dem es kein Leid und keine Tränen mehr gibt und indem die Menschen, die ihm vertrauen ganz eng mit Gott verbunden sein werden. Schön, sagen Sie jetzt vielleicht. Aber was bringt diese Hoffnung auf etwas, das irgendwann einmal sein wird, für das Leben hier uns jetzt? Ich denke, Hoffnung bringt vor allem eins: Vorfreude. Und das ist nicht wenig. Denn Vorfreude verändert alles.
„Ich sehe Frankreich“, hat mein kleiner Sohn neulich gejubelt, und aus dem Zimmerfenster gezeigt. Von Frankreich war natürlich nichts zu sehen. Aber er muss irgendetwas entdeckt haben, was ihn an den Urlaub in Frankreich erinnert hat.
„Ich sehe Frankreich“ – der Spruch meines Sohnes - ist bei meiner Frau und mir jetzt, in den Wochen vor den Sommerferien, zu einem geflügelten Wort geworden. Eigentlich wollten wir schon in den Pfingstferien wegfahren. Ein Unfall im Garten eine halbe Stunde bevor wir los wollten hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir alle waren sehr enttäuscht. Umso mehr freuen wir uns jetzt auf den kommenden Frankreich-Urlaub. „Ich sehe Frankreich“, jedes Mal wenn das einer sagt, steigt in uns die Vorfreude hoch. Wenn ich so richtig im Stress bin, sage ich es mir manchmal selbst und schon geht’s mir besser.
So ist das auch mit der Hoffnung auf die Welt Gottes. Sie bleibt nicht ohne Auswirkungen auf das Leben hier und jetzt. Das, was ich hier an Schwierigkeiten und Leid erlebe, bekommt eine Grenze. Was es an Unheil in der Welt und in meinem Leben gibt, wird relativiert. Es verliert an Größe. Es hat nicht das letzte Wort, Da kommt noch was anderes. Der Apostel Paulus hat sogar gesagt: „Ich bin überzeugt: Was wir in der gegenwärtigen Zeit noch leiden müssen, fällt überhaupt nicht ins Gewicht im Vergleich mit der Herrlichkeit, die Gott uns zugedacht hat“. (Römer 8,18, Gute Nachricht Übersetzung).
„Ich bin überzeugt“, sagt Paulus. Wenn ich diese Vorfreude manchmal doch nicht so sehr empfinde, liegt es vielleicht daran, dass ich die Hoffnung nicht so ernst nehme, wie ich es könnte. Die Hoffnung wirklich ernst zu nehmen, das kann ich beispielsweise von dem Liederdichter Paul Gerhard lernen. Mitten im 30-jährigen Krieg konnte er durch die Hoffnung auf Gottes Welt Texte schreiben, die vor Freude geradezu sprühen. Die Hoffnung auf das, was kommt hat ihm geholfen, in der Gegenwart zuversichtlich zu leben.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1672
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