Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„ Im Laufe der Zeit nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an“.
Der römische Kaiser und Philosoph Marc Aurel hat das gesagt. Schon im 2. Jahrhundert. Wahrscheinlich hat er das beobachtet. Bei sich selbst und auch bei anderen.
„Im Laufe der Zeit nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an“.
Mir leuchtet das ein. Wer den Menschen misstraut, schaut anders in die Welt als jemand, der glaubt, dass sie es gut mit ihm meinen.
Und wer sich am Morgen auf die Arbeit und auf die Kolleginnen freut, geht anders aus dem Haus, als jemand, dem sein Job keinen Spaß macht und der froh ist, wenn er die Arbeitskollegen nicht sehen muss.
Neurowissenschaftler in unserem Jahrhundert haben nachgewiesen,  wie unser Gehirn lernt. Sind wir misstrauisch, lernt unser Gehirn Misstrauen. Haben wir Angst, lernt es Angst. Erleben wir, dass wir anderen vertrauen können, dann lernt es Vertrauen.
Alles, was wir wahrnehmen, was wir empfinden, was wir sprechen, was wir tun, das wird in unserem Gehirn gespeichert. Das gibt gewissermaßen unserem Denken die Farbe. Und entsprechend sehen wir dann die Welt und die Menschen: dunkel und missgelaunt. Oder freundlich, großzügig und hell. Und das spiegelt sich sogar in unserem Gesicht wieder und in unserer Körperhaltung.
Was und wie ich denke, bestimmst also mein Inneres, meine Seele, und meine Ausstrahlung.
Jetzt denke ich mir: Das muss ich ja eigentlich nicht dem Zufall überlassen. Dafür könnte ich doch auch etwas tun, damit die Farbe meiner Seele nicht nachdunkelt, sondern hell ist und freundlich und angenehm. Ich glaube, dass Gott mich freundlich anblickt und vertrauensvoll – so könnte ich doch heute einmal die anderen ansehen. Mit mehr Vertrauen und mit weniger Misstrauen.
Das ist mir eingefallen:
Dem Mann, der an der der Straße sitzt, 2 statt 1 Euro zu geben – ohne zu denken, der setzt das doch sowieso in Alkohol um.
Bei der knappen Email des Kollegen nicht denken – o weh, der hat was gegen mich. Sondern höchstens, er hat es eilig und  zu wenig Zeit für Anrede und Gruß.
Der Autofahrerin nicht den Vogel zeigen, weil sie mir die Vorfahrt  genommen hat, sondern merken, wie sie erschrocken ist über ihren Fehler. Und froh sein, dass ich noch rechtzeitig reagieren konnte.
Die Hirnforscher sagen, mein Gehirn würde die Veränderung merken  und mehr Vertrauen speichern.
Marc Aurel würde sagen – die Farbe deiner Seele wird heller.
Ich selbst sage, Gott sei Dank, dass  er mir einen Vertrauensvorschuss gibt. Denn kann ich an andere verteilen. Damit wird nicht nur meine Seele heller und freundlicher. Die der anderen wird es auch.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16693
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