Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wenn Kinder aus dem Haus gegangen sind. Morgens zur Schule oder später noch weiter hinaus, haben früher manche Mütter zum Abschied gesagt: „Gott befohlen!“ Das hieß: „Jetzt kann ich nicht mehr auf dich aufpassen, jetzt soll Gott das tun, ich vertraue dich Gott an“.
Das ist aus der Mode gekommen. Schade eigentlich. Ich finde, das ist ein schöner Abschiedsgruß. Denn das bewegt ja viele Eltern, dass sie ihre Kinder, je größer sie werden, immer weniger beschützen können. Wenn sie noch ganz klein sind und den ganzen Tag zu Hause bleiben, dann geht das noch einigermaßen gut. Aber, wenn die Kinder in den Kindergarten kommen und später in die Schule, beginnt das Loslassen. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Einschulung unserer Tochter, da hatten meine Frau und ich mindestens ein so flaues Gefühl im Magen wie unsere Tochter selbst. Ich kann mir noch gar nicht vorstellen wie es sein wird, wenn unsere Kinder einmal abends mit Freunden alleine losziehen, aber die Zeit wird kommen. Da ist es gut zu wissen, dass da jemand ist, dem ich sie anbefehlen kann. Der auf sie aufpasst, wenn ich das nicht mehr kann.
Gott sein Kind anbefehlen, das geschieht ganz besonders in der Taufe. Ich sage den Eltern im Taufgespräch immer: Das Kind gehört dann nicht mehr nur seinen Eltern, sondern auch Gott. Es wird aufgenommen in die Familie Gottes. Die Eltern geben ihr Kind aus der Hand und legen es in die Hände eines größeren, in die Hände Gottes. Bei der Taufe kommt das dadurch zum Ausdruck, dass nicht die Eltern das Kind im Arm halten, sondern einer der Taufpaten.
Sein Kind bei der Taufe Gott anbefehlen bedeutet auch loslassen. Ein Kollege erzählte von einem Taufgespräch, in dem der Vater ihm vorschwärmte, was er für seine kleine Tochter schon alles geplant hatte: Kindergarten, Grundschule, Gymnasium, sogar das Studienfach war schon beschlossene Sache. Der Pfarrer meinte, dann solle sich der Vater das mit der Taufe lieber noch mal überlegen. Schließlich übergebe er in der Taufe seine Tochter dem himmlischen Vater, und der sei unter Umständen gar nicht einverstanden mit dem, was er schon alles geplant hat für seine Tochter. Der Vater verstummte, aber die Mutter, die bisher kein Wort gesagt hatte, wollte unbedingt, dass das Kind getauft wird. (Christian Möller, Der heilsame Riss, S. 31). Sein Kind Gott anbefehlen heißt für Eltern also auch zu akzeptieren: Mein Kind gehört mir nicht allein. Es soll seinen Weg suchen und finden. Und Gott wird es dabei begleiten.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1668
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