SWR1 3vor8

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Stellen Sie sich vor: Aus Anlass des Festes heute spricht Gott zu Ihnen. Direkt, ohne Übersetzung und Vermittlung; so, als säße er jetzt hier am Mikrofon. Gott hat drei Minuten, um Ihnen und mir zu sagen, auf was es im Rest unseres Lebens ankommt. Was denken Sie, ist der Inhalt seiner Weihnachtsansprache? Vielleicht spricht er über die Zukunft der Erde; vielleicht darüber, wie unbedeutend wir sind im gesamten Kosmos. Über die Liebe und dass wir mit ihr so viel besser machen könnten. Oder über das Leid, unter dem wir stöhnen. Womöglich kritisiert er, wie wenig wir auf ihn hören ... 

Nein, so einfach geht das nicht, weil Gott so nicht funktioniert. So menschlich und berechenbar. Er hält sich nicht an Sendezeiten und Programmplätze. Er braucht weder Technik noch Funkwellen. Und weder ich noch irgendein anderer Mensch kann ihn je so verstehen, dass er sagen kann: Genau das meint Gott. Das will er von dir – und nichts anderes. Gott ist nicht so menschlich. Er passt sich nicht in unser System ein. 

Doch halt! Bedeutet Weihnachten nicht Mensch-Werdung? Da gibt es doch die Erzählung des Evangelisten Lukas. In ihr wird überliefert, dass ein Mensch geboren ist, von Maria, der Jungfrau, aus dem Stamm Davids, in Betlehem. Und weiter: Dieser Mensch ist der heiß ersehnte Messias, der Retter der Welt, der Heilsbringer, endlich. Ein Mensch, aber ein göttlicher. In ihm kommt Gott selbst zur Welt. Der göttliche Mensch. Der menschliche Gott. Dass beides zusammenpasst, dass es zusammen gehört, darum geht es an Weihnachten.

 Der andere Verfasser eines Evangeliums, Johannes, über dessen Text heute am Weihnachtstag in allen katholischen Gottesdiensten gepredigt wird, beschreibt das Gleiche, aber mit völlig anderen Worten: „Im Anfang war das Wort – und das Wort war bei Gott – und das Wort war Gott. (...) Und das Wort ist Fleisch geworden.“ Johannes zufolge muss Gott doch zu uns sprechen. Ganz menschlich, absolut verständlich für uns. Johanneskann Gott nicht anders begreifen: Gott spricht. Er teilt uns mit, was er denkt, was ihm wichtig ist. Und damit wir ihn verstehen können, spricht er durch Jesus zu uns. Sätze wie: „Selig sind die Frieden stiften.“ Oder auch: „Die ersten werden die letzten sein.“ Und viele andere, die uns in der Bibel überliefert sind. Ja, wir können Gott verstehen. Diese große Nähe zu ihm feiern wir heute. Frohe Weihnachten wünsche ich Ihnen!

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16677
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