Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Als Lehrer muss ich die Namen meiner Schüler kennen. Das ist zum Beispiel wichtig, wenn es im Unterricht mal laut wird. Wenn ich dann sage „seid doch bitte mal leise“, tut sich in der Regel nichts. Wenn ich aber die betreffenden Schüler mit Namen kenne und sagen kann: „Mia, Ben und Luca, könnt ihr mal leise sein!“, zeigt das viel mehr Wirkung. Wenn sie ihren Namen hören, können sich die Schüler nicht mehr hinter der Klasse verstecken. Dann hören sie zu. Dann reagieren sie.
Deshalb finde ich wichtig, dass man auch Gott beim Namen nennen kann. Die Bibel erzählt, dass Gott selbst den Menschen seinen Namen genannt hat (2. Mose 3,1-14). Der erste, der ihn erfahren hat, war Mose. Mose war damals mit seinen Schafen unterwegs, als er etwas Seltsames gesehen hat: Einen Dornbusch, der gebrannt hat, dabei aber nicht verbrannt ist. Als er näher hingegangen ist, hörte er eine Stimme. Es war Gott, und er hatte einen Auftrag für Mose. Mose sollte die Israeliten befreien, die in Ägypten als Sklaven hart arbeiten mussten. Mose hat gefragt „Wenn ich zu den Israeliten komme, und sie fragen mich nach deinem Namen, was soll ich ihnen sagen?“. Daraufhin nennt Gott seinen Namen.
Ich finde, in dieser Geschichte geht Gott einen großen Schritt auf die Menschen zu. Indem er seinen Namen nennt, macht er sich den Menschen bekannt. Er will mit ihnen etwas zu tun haben, mit ihnen in Kontakt treten, will mit ihnen reden und dass sie mit ihm reden - deshalb nennt er seinen Namen. Auch wenn er damit ein Risiko eingeht: Einen Namen kann man auch lächerlich machen oder in den Dreck ziehen. Aber Gott nimmt das in Kauf, weil etwas anderes ihm wichtiger ist: Dass Menschen ihm danken und ihn loben, für das Glück, das sie in ihrem Leben erfahren. Dass sie ihm sagen, was sie auf dem Herzen haben, ihn auch anklagen für schlimme Dinge, die ihnen passiert sind. Gott will das alles hören. Er will sich nicht hinter der Geschichte, dem Schicksal, der Natur oder sonst etwas verstecken.
Viele Namen haben eine Bedeutung, auch der Name Gottes bedeutet etwas. Gott hat sich Mose als „Jahwe“ vorgestellt. Dieses hebräische Wort bedeutet übersetzt „Ich bin für euch da“. Gott heißt „Ich-bin-für-euch-da“. Sein Name ist ein Versprechen. Inzwischen ist es nicht mehr üblich, Gott so zu nennen, vielleicht weil die Menschen Angst hatten, seinen Namen zu missbrauchen. Man sagt „Gott“ oder „Herr“. Ich finde, in der Anrede „Vater“ klingt noch am meisten vom Namen Gottes mit. - Beten Sie auch manchmal? Wenn ja, dann hört Sie – beim „Vaterunser“ zum Beispiel - nicht irgendwer, sondern der „Ich-bin-für-dich-da“.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16620
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