SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„In die Mulde meiner Stummheit / leg ein Wort / und zieh Wälder groß zu beiden Seiten, /dass mein Mund, / ganz im Schatten liegt.“ Psalm nennt Ingeborg Bachmann dieses Gedicht, und das passt  gut in diese letzten Adventstage: mitten in Unruhe und Hektik hinein hier die bittende Einladung zur Stille. Mehr noch: Von der „Mulde meiner Stummheit“ ist die Rede. Das, was wirklich zum Leben führt, fehlt offensichtlich noch. Jedenfalls kann es die Dichterin sich nicht selbst sagen, und wer könnte das schon? Deshalb diese drängende Bitte an wen auch immer, an den geliebten Menschen, an den unbekannten Gott. Wenigstens ein Wort, das Lebenswort, möge gelegt sein „in die Mulde meiner Stummheit“. So groß ist es, so wichtig, so überlebensnotwendig, dass die Dichterin gleich um Behütung bittet, um Wortschutz sozusagen. „Zieh Wälder groß zu beiden Seiten, / dass mein Mund / ganz im Schatten liegt“. Erbeten wird jenes Wort, das in der Tiefe der Existenz Frieden schenkt. Da stimmt dann alles, und es braucht nichts sonst.

 Dieser kleine Psalm Ingeborg Bachmanns passt  gut in diese Adventstage. Unsereiner lebt in Wahrheit ja von dem, was er sich selbst nicht sagen kann. Ich kann mir nicht selbst vergeben, mir nur vergeben lassen. Ich kann mich nicht selbst lieben, ich kann mich nur lieben lassen und dadurch dann auch ein gutes Verhältnis zu mir selbst bekommen. Ich kann nicht glauben, ohne mir das Wort Gottes sagen zu lassen. Von mir her bin ich in den letzten Fragen stumm und kann nur bitten wie Ingeborg Bachmann in diesem Psalm. Advent hat viel damit zu tun, die eigene Stummheit zu spüren und die Sehnsucht nach dem Lebenswort.

 „Das Wort ist Fleisch geworden, und hat unter uns gewohnt“, heißt es im Weihnachtsevangelium. Da ist es, das Lebenswort, um das Ingeborg Bachmann bittet, und nicht nur sie. In Jesus unserem Christus ist alles gesagt, mehr hat Gott nicht zu sagen. Lassen wirs uns gesagt sein. „In die Mulde meiner Stummheit/leg ein Wort/ und zieh Wälder groß  zu beiden Seiten,/ dass mein Mund/ ganz im schattenliegt.“.

 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16601
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