SWR1 Begegnungen

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Keuschheit, Gehorsam – nicht gerade Tugenden, mit denen sich die meisten jungen Menschen heutzutage identifizieren können. Der 28-jährige Sebastian Lang aus Mainz hat sich genau für so ein Leben entschieden. Nach dem Abitur ist er ins Priesterseminar eingetreten. Im April wurde er im Mainzer Dom zum Diakon geweiht, nächstes Jahr steht die Priesterweihe bevor. Linda Degenstein von der Katholischen Kirche hat mit ihm über seinen Weg gesprochen.

 Schon ziemlich früh wusste Sebastian Lang: Ich möchte Priester werden. Als 9-jähriges Kommunionkind, erzählt er, fand er das Mysteriöse, das Geheimnisvolle, was im Gottesdienst geschieht, richtig spannend. Der Wunsch hat in dann nicht mehr losgelassen. Während viele junge Leute nach der Schule erst einmal von einer Weltreise träumen, beschließt Sebastian Lang: Ich versuche es im Priesterseminar.

Motivation ist tatsächlich gewesen, dass ich mich so mit der Frage nach Gott und was hat der mit unserer Welt zu tun und was kann der uns in unserem konkreten Leben sagen, interessiert habe und ich dachte, das könnte was sein, womit ich mich in meinem Leben beschäftigen will.

Ich muss zugeben, ganz reicht mir diese Antwort nicht. Ich denke, viele Menschen kommen irgendwann einmal an den Punkt, wo sie sich die Frage nach Gott stellen. Gab es nicht vielleicht so etwas wie ein Aha-Erlebnis?

Es ist nichts vom Himmel gefallen. Also, ich glaube, dass ist auch bei den meisten so, selten fällt was vom Himmel. Es gibt sicher kleine Ereignisse, aber wie das bei Berufswahlen so ist, wo mal jemand sagt, könntest du dir das nicht vorstellen oder wo man eine Situation mit Menschen erlebt und sagt, das würde ich gerne öfters machen. Aber das sind so Einzelsachen, die eben zu einem Prozess zusammenwachsen.

Ich glaube, jetzt komme ich der Sache näher.  Er spricht von kleinen Ereignissen, kleinen Sachen.

Und dann gibt es auch Situationen, die sind glaube ich wichtiger, wo ich mich in Gottesdiensten oder bei gewissen Formen kirchlicher Veranstaltungen in der Jugendarbeit, wo wir was unternommen habe, wo ich mich einfach so wohl gefühlt habe und mich so zu Hause gefühlt habe, dass ich einfach gedacht habe, diese Dinge sind mir in meinem Leben wichtig, dafür will ich auch Verantwortung übernehmen.

Was gleichzeitig heißt, schießt es mir durch den Kopf, sich gegen eine Partnerschaft, eigene Kinder, Familie auszusprechen. Große Entscheidungen mit Anfang zwanzig. Kann da der Zölibat zur Hürde werden oder stellt er für ihn sogar einen Gewinn dar?

 Die emotionale Leerstelle, die der Partner hinterlässt, ist eine Leerstelle, eben etwas offenes, wo auch Gebet und Gottesbeziehung anknüpfen kann. Aber ich sag es mal ganz salopp, wie soll ich denn den Leuten vom lieben Gott erzählen, wenn ich keine innere Beziehung dazu habe. Wenn ich den Zölibat ernst nehme, dann könnte man sagen, zwingt er mich quasi dazu, so eine Beziehung zu suchen und einzugehen.

Ich muss an meine Mutter denken, wie vernarrt sie in ihre drei Enkelkinder ist. Wie es für seine Mutter war, frage ich nach, als er ihr gesagt hat, er wird Priester.

Ich glaube, recht unproblematisch, da das ja schon recht lange vorbereitet war. Und somit hat sie sich damit ganz gut abgefunden. Erstaunlich, aber es scheint nicht so ihr Problem zu sein und sie würde das, glaube ich, auch wenn es eins wäre, mir gegenüber nicht sagen, die Freiheit der Berufswahl galt immer als wichtiger Erziehungsgrundsatz.

Anmoderation II

Priester, kann man sagen, gehören bei uns in Deutschland fast schon zu einer aussterbenden Spezies. Im Jahr 2012 gab es deutschlandweit nur 79 Priesterweihen, in den vergangenen zwölf Jahren hat sich die Zahl fast halbiert. Sebastian Lang hat sich von diesem Negativtrend nicht beeinflussen lassen und ist direkt nach dem Zivildienst ins Priesterseminar eingetreten. Nächstes Jahr wird der 28-jährige zum Priester geweiht. Linda Degenstein von der Katholischen Kirche ist ihm begegnet.

 Schon als Kind hatte er geahnt, das ist mein Weg. Der Gedanke Priester zu werden, hat ihn dann auch nicht mehr losgelassen. Ganz bewusst entscheidet er sich, wie er sagt, für eine Anti-Mainstream-Haltung. Entscheidet sich für Entbehrungen und einen Rund-um-die-Uhr-Job. Was ihm am meisten Freude an seinem Beruf bereitet, möchte ich wissen.

Die Einzelbegegnung mit Menschen, Kondolenzgespräche oder auch Traugespräche oder auch zur Krankenkommunion zu gehen. Das ist das was mir am meisten Spaß macht und danach würde ich sagen kommt gleich der Unterreicht.

Rund ein Jahr ist er Diakon, im nächsten Jahr wird er zum Priester geweiht. Als eine Art Bewährungsprobe beschreibt Sebastian Lang diese Zeit. Das Thema Diakonat, vor allem Diakonat der Frau, beschäftigt mich schon eine ganze Weile, ist ein großes Thema in den Medien. Wie steht er denn als junger Diakon dazu?

Ich hab darüber nachgedacht und hab für mich, ich muss zum Glück ja nicht darüber entscheiden und ich hab für mich gelernt ist, dass es kein Recht ist ein Weiheamt in der Kirche auszuführen, sondern dass es, wie wir sagen, Gnade ist, dass es etwas von außen etwas schicksalhaftes ist, man kann sagen der Ruf Gottes hinzutreten muss und dass das vielleicht das Entscheidende ist.

Und das geht nur bei Männern, hake ich nach.

 Das weiß ich nicht, ich habe für mich neu gelernt, dass mein Beruf, meine Berufung eine Gnade ist und es nicht drauf ankommt ob ich das will, sondern dass es offenbar jemand anderes ist, der das will.

Unwillkürlich muss ich an Papst Franziskus denken. Ein Papst, der andere Zeichen setzt als seine Vorgänger. Der gerade weltweit Menschen zum Thema Ehe und Familie befragt. Nicht direkt den Menschen seine Lehrmeinung vorsetzt. Von dem viele hoffen, dass er die Kirche erneuert. Muss sich Kirche überhaupt erneuern, sich den Menschen anpassen?

 Ich find’s schon wichtig, dass wir auch in manchen oder sogar vielen Fragestellungen eine Position einnehmen, die vom Mainstream der Gesellschaft abweicht. Auch für die Gesellschaft als Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland finde ich es wichtig, dass es Institutionen gibt, die noch mal einen anderen Blickwinkel auf Dinge werfen. Andererseits muss es auch klar sein, dass ich den Menschen in seiner freiheitlich getroffenen Entscheidung erst nehme. Das Verurteilen ist völlig fehl am Platz.

Also lieber keine Kirchen-Revolution. Aber ein wenig frischer, zeitgemäßer Wind kann sicher nicht schaden und da setze ich auch auf die jungen Geistlichen in der Kirche.

Also ich merke, dass ich ein großes Verständnis für unsere Generation habe im Bezug darauf, dass Gott nicht mehr selbstverständlich ist. Und ich merke für mich, dass ich da ein großes Verständnis für habe, dass ich das auch an mir, zu einem gewissen Maße natürlich nur, auch nachvollziehen kann und ich glaube, dass ich darüber auch in der Lage bin, darüber ins Gespräch zu kommen.

Am Ende unseres Gesprächs bin ich noch gespannt, wie er als Geistlicher die Adventszeit empfindet – eher Stress oder doch besinnlich - und was für ihn das Schöne am Advent ist.

Mir gefällt am Advent die ernsthafte Stimmung, dieses auf Gott warten, seine Ankunft, Advent heißt ja Ankunft, auf seine Ankunft warten. Auch darüber nachzudenken wie es ist, wenn ich so eine Sehnsucht nach Gott habe und er nicht direkt da ist, nicht greifbar ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16587
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