Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wenn der Hunger nicht alle Kräfte aufzehrt und der einzige Gedanke ist: Wo finde ich zu essen und wie werde ich satt: dann macht einem der andere Hunger zu schaffen. Der Hunger nach Leben. Dieser Hunger kann einen genauso quälen, wie der Hunger nach Brot. Der Hunger nach Leben, der flüstert einem ein: Das kann doch noch nicht alles gewesen sein. Genug ist nicht genug. Und wenn man eigentlich alles hat, dann sagt er: Es muss doch noch mehr als alles geben. Unter diesem Hunger leiden viele, gerade auch in unserem reichen Land. Ich spüre ihn auch manchmal.

Dieser Hunger sagt mir: eigentlich könnte ich noch mehr aus mir machen. Eigentlich müsste ich mehr vom Leben haben. Diesen Hunger kann man auch seinen Kindern weitergeben, mit Sätzen wie: Du hast Chancen - jetzt greif auch zu. Wo bleibt dein Ehrgeiz? Gib dich nicht zufrieden! Wer nicht alles gibt, hat verloren. Nur Siegen macht satt. Nur wer gewinnt, kann seinen Hunger stillen.

Dabei stimmt das gar nicht: Die Gewinner kriegen meistens noch mehr Hunger. Wer viel erreicht hat, will noch mehr erreichen. Der Hunger nach Leben hört nicht auf. Genauso wenig wie der Hunger nach Brot. Der kommt auch immer wieder.

Jesus allerdings, der hat versprochen, den Hunger nach Leben zu stillen. „Wer zu mir kommt", hat er gesagt, „der wird nicht hungern. Und wer an mich glaubt, den wird nicht mehr dürsten. Denn ich bin das Brot des Lebens." (Joh 6,35)

Ich verstehe : Wer meinem Lebensentwurf folgt, der muss nicht nach immer mehr gieren. So wie der Zöllner Zachäus., Jesus hat ihn besucht, obwohl er ein unerträglich eigensüchtiger Mensch geworden war. Da hat Zachäus begriffen: Obwohl ich mich eigentlich selber unerträglich finde, erträgt mich Gott. Er weiß, wie ich eigentlich bin, unter dieser dicken Haut von Wohlstand und Karriere, die ich allen zeige. Gott weiß, wie ich eigentlich bin. Und so bin ich ihm recht. Ich brauche nicht immer mehr Geld, damit ich zeigen kann, was ich alles kann und habe und die Leute mich bewundern.

So stillt Jesus den Hunger nach Leben. Aber dieses Brot des Lebens macht nicht satt und träge. Es gibt Kraft. Es gibt Kraft, von sich selber abzusehen und auf die anderen zu schauen und für die anderen zu sorgen. So wie Zachäus, der schließlich getan hat, was er konnte, damit auch andere leben können.

Wenn mich der Hunger nach mehr  unruhig macht, dann versuche ich an Zachäus zu denken. Und an Jesus - der zu Ihnen und zu mir sagt: Ich bin das Brot des Lebens.

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