Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Danke sagen ist nicht nur eine Sache der Erziehung. Danken ist wie Antwort geben auf Dinge, auf Ereignisse und Begegnungen, die mir das Leben schenkt. Es sagt etwas darüber, wie ich mich und mein Leben verstehe. Als Gabe, die nicht selbstverständlich ist. Als Geschenk, auf das ich kein Recht habe, das ich mir nicht verdienen kann. Bewusst  zu empfangen gibt meinem Leben Sinn und Tiefe. So gesehen ist Danken auch eine Folge des Nachdenkens.
Als Kind war das Danken manchmal eine ungeliebte Pflicht für mich. Hast du auch danke gesagt. Vielleicht erinnern Sie sich auch an diesen Satz. Er hat aufgefordert zu Diener oder Knicks, Hand geben, in die Augen schauen - und eben danke sagen.
Bei Verwandten oder Paten, die weit weg wohnten, musste man einen Brief schreiben. Da war ein großer Teil der Freude über das Geschenk schon futsch, denn jeden Abend wurde gefragt: hast du deinen Brief geschrieben und danke gesagt.
Wenn ich heute sage, dass das Danken dem Leben Sinn und Wert gibt, dann meine ich natürlich nicht diese Pflichtübung aus Kindertagen. Ich finde Danken so wertvoll, weil es mich einführt in das Geheimnis des Lebens. Es lässt mich erkennen, dass ich mein Leben nicht selbst machen kann. Das Glück geliebt zu werden,  das Gefühl gebraucht zu sein, das Erlebnis gesund zu sein, alles Dinge, die ich nicht selbst hervorbringen kann. Natürlich ist mein Beitrag gefragt, ich kann etwas dazu tun, aber ich kann es nicht machen. Je tiefer wir graben, umso mehr finden wir uns eingewurzelt in einen tiefen Grund, der uns versorgt und unser Leben nährt und trägt. Dies zu erkennen macht mich dankbar.
Wenn ich höre, wie ein Mann sagt: warum soll ich für mein Essen danken, ich habe doch hart dafür gearbeitet, dann ist das zu kurz gesprungen. Er übersieht, dass er gesund ist, und arbeiten kann, dass er einen Arbeitsplatz hat, dass es Menschen gibt, die Salat pflanzen und Brot backen, damit er essen kann.
Ich glaube, wir leben immer von anderen und letztlich von Gott. Von uns allein können wir nicht leben. Davon singt auch ein Lied von Hans-Dieter Hüsch, wo es heißt:
Wer mich ansieht, sieht viele andere nicht, die mich genährt, gelehrt, gekleidet haben, die mich geliebt, gepflegt, gefördert haben. Mit jedem Schritt gehen viele Schritte mit.
Mit jedem Dank gehen viel Gedanken mit.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16194
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