Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Haben Sie schon mal eine Bibel gekauft? Und sich gewundert, dass es nicht bloß eine, sondern ganz viele verschiedene gibt? Was drin steht, das ist immer gleich, klar. Aber die Sprache ist verschieden, die Übersetzung. Da gibt es die bunten, mit den netten Bildern für Kinder; die poppigen in der Sprache von Schülern und Jugendlichen, es gibt die gute Nachricht „in heutigem Deutsch“, die klassische Übersetzung von Martin Luther, die Einheitsbibel und noch viele andere.
Seit einem halben Jahr gibt es noch eine Bibelausgabe. Die „Bibel in gerechter Sprache“. Wieso gerecht, fragen Sie jetzt vielleicht – sind die anderen denn ungerecht? Ja, meinen viele, denn die Bibel ist von Menschen geschrieben und die haben wie Menschen ihrer Zeit gedacht. Und wie sie gedacht haben, das hat sich in ihrer Sprache gezeigt und da ist vieles für uns heute tatsächlich ungerecht. Zum Beispiel werden Frauen oft verschwiegen. Wenn von den Kindern einer Familie geredet wurde, dann hat man nur die Söhne erwähnt. Und in seinen Briefen hat der Apostel Paulus nur die „lieben Brüder“ angeredet. Das war so üblich damals. Die Frauen würden von ihren Männern ja weiter gesagt kriegen, was der Apostel zu sagen hatte. Man könnte meinen, die Frauen sind da gar nicht gemeint und spielten für Christen keine Rolle. Heute denken wir da anders, Gott sei Dank. Deshalb übersetzt die neue Übersetzung nun „Brüder“ mit „Geschwister“.
Es gibt noch viele andere Bereiche, in der die Bibel die Denkweisen der Menschen von damals zeigt. Die neue Übersetzung in gerechter Sprache versucht, da unser Denken von heute einzubringen. Sie schreibt da wo „Gott“ steht, manchmal auch Mutter oder „die Ewige“ um zu zeigen: Gott ist kein Mann. Steht übrigens ausdrücklich so auch in der Bibel (Hos 11,9) Bestimmt ist es für viele gut, das zu wissen – gerade wenn man sich Gott nicht gern als „Vater im Himmel“ vorstellen mag, weil es mit dem eigenen Vater so schwierig war.
Ich finde es gut, wenn ich angeregt werde, mir Gedanken zur Bibel zu machen. Auch kritische Gedanken. Aber das möchte ich eigentlich nicht vor-geschrieben kriegen. Erklärungen zur Bibel – das ist gut. Aber erst möchte ich wissen, was möglichst wörtlich drin steht. Mit anderen reden: wie siehst du das, wie verstehst du das? Das hilft mir, meinen eigenen Glauben zu klären. Aber muss man das in die Bibel „hineinübersetzen“ als stünde es drin ? Mir kommt das vor, als wollte mich da jemand bevormunden: mir quasi vor-schreiben, wie ich das verstehen soll.
Deshalb bleibe ich bei der Übersetzung, die ich schon habe. Und mache mir selber meine Gedanken.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1602
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