Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Was glauben eigentlich die Evangelischen? Sind sie nicht Christen wie die anderen auch, die sich auf Jesus Christus berufen? Was ist das Besondere bei den Evangelischen?
Manchmal muss man auf solche Fragen Auskunft geben. Kinder fragen einen, wenn sie erleben, dass es in der Schule zweierlei Religionsunterricht gibt. Und auch unter Erwachsenen nimmt das Interesse an religiösen Fragen zu. Da wird man manchmal gefragt: Sie sind doch evangelisch. Was glauben Sie denn eigentlich?
Dann reicht es nicht, zu antworten: Wir glauben doch alle an denselben Gott! Und auf die Bibel hinzuweisen oder auf das Glaubensbekenntnis, das hat auch keinen Sinn. Das haben tatsächlich alle Christen gemeinsam. Und trotzdem: Wie die Menschen in einer Familie die Menschen zusammengehören und doch jeweils ein eigenes Profil haben, so ist das auch unter den Christen. Und was das besondere Profil der Protestanten ausmacht, das ist im Augsburger Bekenntnis erklärt.
Das hat 1530 Philipp Melanchthon aus Bretten verfasst, ein enger Mitarbeiter Martin Luthers. Vertreter aus all den Gebieten, die damals schon die Reformen eingeführt hatten, haben es unterschrieben, unter anderem Matthäus Alber für die Stadt Reutlingen. Am 25. Juni 1530, heute vor 477 Jahren wurde es in Augsburg verlesen – und zwar auf Befehl Kaiser Karl des V. Der wollte wissen: was ist denn da überhaupt los, was wollen sie denn und was glauben sie, die Anhänger der Reformation.
In 28 Kapiteln legt deshalb die „Augsburger Erklärung“ dar, was den Christen gemeinsam ist und was das besondere Profil der evangelischen Protestanten ausmacht: wie es mit der Beichte ist und dem Abendmahl, welche Funktion die Kirche hat und wie man Gottes Gnade erlangt. Das steht im Augsburger Bekenntnis. Wenn ich das heute lese, dann finde ich immer noch: Das Augsburger Bekenntnis ist eine Erklärung des persönlichen Glaubens. Nicht, dass sich einer dem Glauben der Kirche anschließt, sondern dass jeder selber weiß und bekennen kann, was er glaubt – darum geht es.
Dem Kaiser war diese Freiheit zu gefährlich. Er hat das Bekenntnis der Evangelischen nicht anerkannt. Sie galten weiterhin als Irrlehrer und Ketzer. Aber er war damals politisch zu schwach, um sie zu bekämpfen. Für uns Evangelische war das ein Glück. Jahrzehnte später hat ein andrer Kaiser unsere Art zu glauben dann offiziell zugelassen. Auch in Augsburg übrigens.
Das Augsburger Bekenntnis gilt bis heute als Grundlage evangelischen Glaubens. Wenn sie sich informieren wollen: Sie finden es zum Beispiel hinten in unserem Evangelischen Gesangbuch.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1600
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