SWR4 Sonntagsgedanken
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Verheiratet ist er - der Mann, auf den sich die Päpste seit jeher berufen: Simon, der Fischer, eher bekannt unter seinem Beinamen Petrus. Mit seiner Frau wohnt er in Kafarnaum, einem kleinen Ort in Israel, und zwar im Haus der Schwiegereltern (vgl. Matthäus 8,14-15). Als Fischer lebt er in bescheidenen Verhältnisse nicht in Armut.
Als Jesus in sein Leben tritt, ändert sich alles für ihn. Dieser Wanderprediger wendet sich ja ganz bewusst an die sogenannten einfachen Leute, an Fischer, Handwerker und Bauern. Er erzählt Geschichten, die mitten aus dem Alltagsleben gegriffen sind und doch etwas ganz Neues bringen. Was er von Gott als dem barmherzigen Vater sagt, wie er Kranke heilt - so etwas ist noch nie da gewesen.
Simon ist begeistert. Zusammen mit seinem Bruder Andreas und anderen jungen Männern verlässt er die Fischerboote und schließt sich Jesus an.
Was wohl seine Familie dazu gesagt hat?
Simon ist tatkräftig und redegewandt, so wird er bald Anführer und Sprecher der Jünger. Um große Worte ist er nie verlegen. Als Jesus fragt, was seine Freunde von ihm halten, hat er das richtige Bekenntnis gleich auf der Zunge: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!" (Mt 16,16). Damit trifft er so ins Schwarze, dass Jesus ihm nun den Namen gibt, unter dem er bekannt ist: „Du bist Petrus" (Matthäus 16,18), das heißt: der Fels, das Fundament.
Was Simon da gesagt hat, ist in der Tat der Grundstein, das Zentrum des christlichen Glaubens: In Jesus begegnet Gott den Menschen, in seiner Person kommt er ihnen ganz nahe. Dieser Glaube verbindet alle christlichen Kirchen, er ist der gemeinsame Grund, auf dem sie stehen.
Spätere Päpste und Theologen haben sich oft auf das Wort von „Petrus dem Fels" berufen, um damit Machtansprüche durchzusetzen. Sie ließen außer Acht, dass Simon gleich nach dieser Szene eine Abfuhr einstecken muss, wie sie schärfer nicht sein kann. „Weg mit dir, Satan," fährt Jesus ihn an, „ geh mir aus den Augen!" (Matthäus 16,23). Jesus hatte von seinem bevorstehenden Tod gesprochen und Petrus hatte sich heftig dagegen gewehrt. Für ihn ist der Messias doch ein siegreicher Volksheld, der Israel von den Römern befreien wird. Was sollen da Leiden und Tod?
An Gott glauben kann zum Problem werden, wenn es im Leben nicht so läuft, wie wir es uns wünschen. „Bleib mir mit Gott weg!", sagt eine Kranke heftig, „ich merke nichts von ihm!" Kriege, Hunger, das ungeheure, nicht enden wollende Leiden in der Welt bleiben die größte Anklage gegen Gott. - Petrus muss miterleben, dass es auch für seinen Meister keine Ausnahme gibt: Jesus stirbt am Kreuz. Bis in den Tod hinein bleibt er Gott und den Menschen treu.
Papst Franziskus
Nach katholischem Verständnis sind die Päpste Nachfolger des Apostels Petrus. Was würde der einstige Fischer aus Israel sagen, wenn er sähe, was sich um sein Grab angehäuft hat: ein riesiger Dom, Paläste, Museen - ja, ein ganzes Staatsgebilde. Aus einer verfolgten Minderheit hat sich im Lauf der Jahrhunderte eine katholische Großmacht entwickelt - mit all den finsteren Seiten einer solchen Verweltlichung.
Mit der Wahl des Namens „Franziskus" bezieht sich der jetzige Papst auf einen Heiligen, der gerade gegen diese fragwürdige Entwicklung ein Zeichen gesetzt hat. Franz von Assissi - er lebte im Mittelalter - hat demonstrativ auf sein reiches väterliches Erbe verzichtet und stattdessen ein Leben in radikaler Armut und Nächstenliebe gewählt. . Schon immer hatte es solche Nachfolger Jesu gegeben, doch mit ihm ist eine große alternative Bewegung entstanden - in einer zu reich und mächtig gewordenen Kirche.
Papst Franziskus bekennt sich noch am Wahltag zu einer „armen Kirche - zu einer Kirche für die Armen". Und er macht selbst ernst damit: Seit seinem Amtsantritt wohnt er nicht im Vatikanpalast, sondern im Gästehaus. Er wechselt in seinem Zimmer schon mal selbst eine Glühbirne aus und stellt sich täglich zum Essensempfang an - wie andere auch. Er fährt nur in bescheidenen Autos, benutzt aber noch lieber Bus und Bahn. Wie schon in Argentinien besucht er vorrangig arme Stadtviertel und Slums und wäscht am Gründonnerstag strafgefangenen Frauen und Männern die Füße. Vor Jugendlichen in Rio de Janeiro erklärt er: „Ich habe weder Gold noch Silber, aber ich bringe das Wertvollste, das mir gegeben wurde: Jesus Christus."
Seine erste Reise unternimmt der Papst nach Lampedusa, der süditalienischen Insel, wo immer wieder verzweifelte, oft halb verhungerte Bootsflüchtlinge aus Nordafrika landen - in der Hoffnung auf ein besseres Leben.
Er wirft einen Blumenkranz ins Meer - zum Gedenken an die rund 20 000 Menschen, die hier bisher ertrunken sind. Jedem der anwesenden Flüchtlinge reicht er die Hand und feiert mit Einheimischen und Afrikanern Gottesdienst - die Hälfte der Teilnehmer sind Muslime.
Papst Franziskus sieht es als einen Skandal an, dass vor unseren Augen Menschen zu Grunde gehen und wir das einfach geschehen lassen. Es ist wahr: Kommt im Zoo ein Lieblingstier des Publikums zu Tode, geht ein Aufschrei durch die Medien, Schlagzeilen und Leserbriefe empören sich. Dass aber fast täglich Menschen an den Rändern Europas sterben, regt uns anscheinend wenig auf. „Globalisierte Gleichgültigkeit" nennt das der Papst.
Alle Konfessionen und Religionen sieht Papst Franziskus verbunden durch ihre gemeinsame Aufgabe: Sie sollen helfen, die Welt humaner zu machen, aber auch, „den Durst nach dem Absoluten" - nach Gott - „wach zu halten". Auch nicht-religiöse Menschen sind für ihn „Verbündete", wenn sie sich einsetzen für die Menschenwürde, für ein friedliches Zusammenleben und für die Bewahrung der Schöpfung.
Ich glaube, der Fischer und Apostel Petrus wäre mit diesem Programm sehr einverstanden.
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