Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Halb Insel, halb Paradies" - so wirbt ein Reiseveranstalter für die schöne Insel Kreta. Und das ist ja auch gar nicht übertrieben. 

Das „Paradies" - seit Adam und Eva hat kaum eine andere Geschichte aus dem Alten Testament die Phantasie der Menschen so sehr beflügelt. Das Wunschbild vom Paradies ist uralt und findet sich bei vielen Völkern. Nicht immer ist es ein Garten, es kann auch eine goldene Stadt sein oder eine Insel im Meer. Im Paradies ist es wunderschön, ja himmlisch. Es geht den Menschen gut, sie leben im Frieden miteinander. Im Paradies fühlen sie sich sicher und geborgen und eins mit der Natur und mit Gott. 

Doch über allen Erzählungen vom Paradies liegt ein Hauch von Wehmut. Weil es unerreichbar ist. Mag es manchmal auch für einen Augenblick gelingen, dass ich mich wie im Paradies fühle - so bleibt es doch unzugänglich. 

Was auch bleibt, ist die Sehnsucht danach. Diese Sehnsucht nach dem verlorenen oder unzugänglichen Paradies entdecke ich vor allem dort: Immer mehr Menschen spüren einen ungeheuren Nachholbedarf, wie die geschundene Schöpfung erhalten werden kann. Viele spüren ein Defizit an „Schöpfungsfreude". Es wird uns wieder bewusst, dass wir auf die Natur und unsere Mitgeschöpfe angewiesen sind und damit auch Verantwortung für sie haben. 

Ein aktuelles Beispiel: Wenn die Bienen aussterben - dann wäre das katastrophal. Dann würde allein der Ertrag unserer Kulturpflanzen erheblich zurückgehen. Denn mehr als ein Drittel unserer Nutzpflanzen werden von Bienen bestäubt. (Nach Greenpeace) 

Für länger oder auch nur kurz mal reinschauen ins Paradies - das kann man nicht, das bleibt uns verwehrt. Das Paradies ist auch kein unerreichbarer „Ort" aus längst vergangenen Zeiten. Es bringt nichts, nostalgisch einem Zustand nachzutrauern, den es so noch nie gegeben hat. Das Paradies ist das Bild, die Ahnung von einer besseren Zukunft. 

Was wir tun müssen ist, alles zu versuchen, dass unsere Erde bewohnbar bleibt und dass wir die Welt ein Stück weit menschlicher und von Leid freier machen. Daran kann ich in meinem Umfeld mitwirken. 

Und was bleibt, ist die Sehnsucht nach endgültiger Klarheit, und dass sich einmal alles vollendet, dass alles gut und heil wird. Dass wir, die wir aus der Geborgenheit Gottes gekommen sind, wieder in diese Geborgenheit zurückkehren. Mit unzähligen Menschen in aller hoffe ich, dass diese Sehnsucht in Erfüllung geht - in Gottes neuer Welt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15864
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