Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Heute vor 71 Jahren wurde Edith Stein von den Nazis in Auschwitz ermordet. Daran möchte ich erinnern. Aber auch daran: Sie war eine außergewöhnliche Frau, ihrer Zeit voraus, und in ihren Ansichten ist sie bis heute ein Vorbild. 

Edith Stein war die Tochter einer gläubigen jüdischen Kaufmannsfamilie.  Bis zu ihrem 21. Lebensjahr ist sie Atheistin gewesen. Philosophie- und Psychologiestudien haben sie dem Christentum nähergebracht. Sie wurde katholisch und ist 1933 in Köln in den Karmeliten Orden eingetreten. 

Edith Stein war eine starke und eine mutige Frau. Zweifeln und nach dem Grund der Wirklichkeit fragen - das hat ihr Leben geprägt: Was macht den Menschen aus? Worin gründet seine Würde? 

Edith Stein hat Zeichen gesetzt bis in unsere Zeit hinein: 

Ihre Liebe hat Jesus Christus gegolten, sie ist aber auch ihrem Volk Israel treu geblieben. So hat sie in ihrer Person Synagoge und Kirche miteinander vereint. Juden warten auf den Messias. Christen glauben, dass der Messias in Jesus Christus bereits gekommen ist und sie hoffen, dass er zur Vollendung der ganzen Schöpfung „wieder kommen" wird. Für Edith Stein ist das ein und derselbe. Das klingt ermutigend für den so wichtigen Dialog zwischen Juden und Christen. 

Von Edith Stein stammt das Wort: „Der Nächste ist nicht der, den ich mag, er ist jener, der mir nahe kommt - ohne Ausnahme." Sie hatte eine große Ehrfurcht vor jedem einzelnen. Sie hat es selber gelebt und andere dazu ermutigt: Geh deinen Weg! Das möchte ich auch gerne so manchem Zeitgenossen ins Stammbuch schreiben: Lass dich nicht verbiegen! Geh deinen eigenen Weg! 

Edith Stein ist eine selbstbewusste, im besten Sinn emanzipierte Frau gewesen. In einer Zeit, in der das noch alles andere als selbstverständlich war, hat sie die Bildung der Frauen gefördert. Und sie hat die Gleichstellung von Frau und Mann in allen Bereichen gefordert - auch in ihrer katholischen Kirche. 

Ihre Forderung damals halte ich für einen aktuellen Beitrag zum „Dialog- und Erneuerungsprozess" in meiner Kirche. Ich befürchte, dass er oft nicht ernsthaft geführt wird. Ziel dieses „Dialogprozesses" müsste sein, dass sich die Kirche grundlegend erneuert: im Geiste Jesu und seiner frohen und befreienden Botschaft.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15800
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