Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Auch in der Kirche gibt es schwarze Schafe. Eins von ihnen ist heute vor 94 Jahre in Bad Boll gestorben: Der evangelische Pfarrer Christoph Blumhardt. 

Eigentlich war Blumhardt kein schwarzes, sondern ein rotes Schaf, denn er hat sich am Ende des 19. Jahrhunderts der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung angeschlossen. Die Industriearbeiter mussten damals unter schlimmen Bedingungen leben und arbeiten. Blumhardt wollte sich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass ihr Leben besser wird. 

Mit seinem wallenden weißen Bart hat Christoph Blumhardt sogar ein bisschen wie Karl Marx ausgesehen. Aber: Vom Glauben und der Kirche hat er sich nie abgewandt. Ganz im Gegenteil: Im Reich Gottes herrscht Gerechtigkeit, das hat er fest geglaubt. Und das darf nicht nur eine Idee bleiben sondern soll Wirklichkeit werden. Deshalb hat er sich für die Arbeiter eingesetzt. Die Kirche soll die Liebe Gottes nicht nur predigen, fand Blumhardt. Es müssen daraus auch konkrete Taten der Liebe folgen. 

Das war der damaligen Kirche in Dorn im Auge. Denn Sozialismus, Kommunismus, Marxismus - das alles war der Kirche nicht geheuer. Weil diese Gruppen das althergebrachte Oben und Unten in Frage stellten und weil ihre Gründer - Marx und Engels - erklärte Atheisten waren. 

Völlig empört war die Kirchenleitung, als Christoph Blumhardt dann im Jahr 1899 in die SPD eingetreten ist. Sechs Jahre hat er als Abgeordneter im Württembergischen Landtag Politik gemacht hat. Blumhardt durfte sich während dieser Zeit nicht „Pfarrer" nennen. 

Ich mag Christoph Blumhardt. Ich mag ihn schon allein deshalb, weil er anders war. Er erinnert mich daran, dass der Glaube nicht an eine bestimmte gesellschaftliche Schicht, an einen bestimmten Lebensstil oder an eine bestimmte politische Ausrichtung gebunden ist. Ich denke, auch Jesus hätte Christoph Blumhardt sehr gemocht. Das Reich Gottes und seine Liebe ist für alle da, hat Jesus gesagt. Deshalb hat auch er Grenzen überschritten. Und auch Jesus war deshalb den frommen Menschen seiner Zeit ein Dorn im Auge. 

Jesus wird in der Bibel „der gute Hirte" genannt (Johannes 11). Ich finde, Christoph Blumhardt steht dafür, dass es in der Herde dieses Hirten nicht nur weiße Schafe gebe darf, sondern auch schwarze, grüne oder sonstwie farbige - und auch rote.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15760
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