Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Es war am ersten schönen Frühlingstag nach diesem furchtbar langen Winter. Ich war beim SWR in Baden-Baden zu einer Besprechung. Danach stand ich vor dem Funkhaus und wartete auf einen Kollegen. In dieser Zeit kamen etwa sechs bis acht Menschen aus dem Funkhaus heraus und liefen an mir vorbei. Und sage und schreibe jeder, wirklich jeder, hatte ein Smartphone oder Handy in der Hand und tippte oder wischte auf ihm herum. Und keiner, wirklich keiner, schaute in diesen herrlichen Frühlingstag, sondern hatte den Blick gesenkt auf sein Handy oder Smartphone.

Ja klar, Funkhaus, Medienleute, busy, busy, immer in Arbeit, dauernd vernetzt - ist ja normal, könnte man sagen. Nein, ist es nicht. Nicht am ersten wunderschönen Frühlingstag nach einem langen dunklen Winter.

Es gibt Menschen, die sprechen angesichts der Prägung unseres Alltags durch Handy und Smartphone von einer „Kultur des gesenkten Blicks". Unkultur müsste man eigentlich sagen, denn die Menschen schauen sich immer weniger an und zu oft nicht richtig an. Sie schauen in die Technik statt den Menschen an oder in die Natur.

Klar, Handys und Smartphones sind aus unserer Welt nicht wegzudenken, ich habe auch eines und es ist unglaublich vielseitig und nützlich, aber auch verführerisch, den Blick immer wieder zu senken, statt ihn zu heben. Den Blick immer wieder zu heben, ist nicht nur bei Handys und Smartphones wichtig. Man kann sich auch in Büchern verlieren oder sich hinter ihnen verstecken. Auch davon gilt es sich immer wieder zu lösen und den Blick zu heben. Oder vom Computer, der mir die Welt immer wieder auch verstellt. Oder von der Arbeit, den Maschinen, die mich gefangen halten. Den Blick immer wieder heben muss man auch von den Hausaufgaben oder den Prüfungsvorbereitungen, die zuweilen das ganze Leben zu sein scheinen, gerade in diesen Tagen. Auch Krankheiten können den Blick senken, wenn man sich zu sehr auf sie fixiert oder fixieren muss. Und nicht zuletzt die Sorgen. Sie können den Blick nach unten drücken. Weg von den Schönheiten und Freuden des Lebens.

Da gesagt zu bekommen, man soll den Blick heben, ist leicht gesagt, ich weiß. Man muss den Blick ja immer wieder auch senken um zu arbeiten oder um Dinge zu verarbeiten. Aber ab und zu tut es einfach gut ihn zu heben. Weil nur so der Horizont sich weitet und das Leben lebendig bleibt.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15642
weiterlesen...